Die Erstellung von Kostenschätzungen kann haftungsträchtig sein. Das zeigt ein vom OLG Karlsruhe zu entscheidender Fall (8 U 92/18), bei dem ein Bauherr einen Architekten mit zwei Kostenschätzungen beauftragte, die ihm zur Entscheidungsfindung dienen sollten, ob er die Sanierung oder den Abriss und Neubau eines Gebäudes verfolgen soll. Nachdem der Architekt die Kosten einer Sanierung erheblich geringer berechnete, entschied sich der Bauherr hierfür.
Nach weitgehender Beendigung der Sanierung stellte sich aber heraus, dass die Wandkonstruktion stark mit Formaldehyd belastet war und sich in der Wand- und Fußbodenkonstruktion Schimmel befand, was aus wirtschaftlicher Sicht allein den Abriss und Neubau rechtfertigte. Das OLG Karlsruhe verurteilte den Architekten deshalb dazu, den Schaden zu ersetzen, der dem Bauherrn dadurch entstanden ist, dass er sich zunächst für die Sanierung, anstatt für den Abriss und Neuaufbau des Gebäudes entschieden hat. Die Kostenberechnung zur Sanierungsvariante sei mangelhaft, weil in ihr der Hinweis fehle, dass eine konkrete Gefahr für Kostensteigerungen wegen der Entfernung von Schadstoffbelastungen besteht. Zwar müsse der Architekt nicht allgemein auf das Risiko von Kostensteigerungen hinweisen; im konkreten Fall hätten aber mit Herstellungsjahr und der einfachen Ausführungsart klare Anhaltspunkte dafür bestanden, dass das Gebäude mit schadstoffbelasteten Bauteilen errichtet worden war. Der Architekt sei deshalb verpflichtet gewesen, den Bauherren auf die Gefahr einer erheblichen Kostensteigerung noch vor der Investitionsentscheidung hinzuweisen.