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2023

Der Verbraucherbauvertrag – Voraussetzungen und Wirkungen

Nach dem im Jahr 2018 in Kraft getretenen § 650i BGB sind Verbraucherbauverträge solche Verträge, durch die ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Beauftragt der Verbraucher einen Generalunternehmer, einen Neubau zu errichten oder erhebliche Umbaumaßnahmen über sämtliche Gewerke auszuführen, liegt ein Verbraucherbauvertrag vor. Unklar sind dagegen Fälle, in denen der Verbraucher die Arbeiten von mehreren Unternehmen, also gewerkeweise ausführen lässt. Nach einem Urteil des Kammergerichts vom 16.11.2021 handelt es sich bei im Wege der Einzelvergabe mit verschiedenen Unternehmen abgeschlossenen Verträgen um keine Verbraucherbauverträge. Das Kammergericht hielt den Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen über den Umbau eines Dachgeschosses für einen "normalen" Bauvertrag, da das Unternehmen nicht mit erheblichen Umbaumaßnahmen beauftragt war, sondern nur mit einem Teil der erheblichen Arbeiten.

Während dem Verbraucher beim Verbraucherbauvertrag stets ein Widerrufsrecht zusteht, besteht ein solches Recht beim "normalen" Bauvertrag nur ausnahmsweise dann, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens oder im Wege des Fernabsatzes geschlossen wird. Da der Verbraucher den Unternehmer außerhalb von dessen Geschäftsräumen mit dem Umbau des Dachgeschosses beauftragt hatte, stand dem Verbraucher nach Ansicht des Kammergerichts ein Widerrufsrecht zu. Aufgrund des vom Verbraucher erklärten Widerrufs waren die gegenseitig erhaltenen Leistungen (also die Bauleistung sowie der dafür gezahlte Werklohn) zurückzugewähren. Da eine Rückgewähr bei Bauleistungen in der Regel ausgeschlossen ist, kann der Verbraucher im Falle eines wirksamen Widerrufs die erhaltene Bauleistung regelmäßig kostenlos behalten. Anders als beim Verbraucherbauvertrag erhält das Unternehmen beim "normalen" Bauvertrag grundsätzlich nicht einmal einen Wertersatz. Das Kammergericht hat dem Unternehmer trotz des Widerrufs eine Vergütung zugesprochen, da dem Unternehmer die Regelungen über den Widerruf nicht bekannt waren und die Versagung eines Vergütungsanspruchs im konkreten Fall treuwidrig gewesen wäre. Diese Argumentation ist allerdings äußerst kritisch zu sehen und kann nicht verallgemeinert werden. Ein Widerruf des Vertrags ist für das (Bau-) Unternehmen deshalb in aller Regel mit dem Verlust der Werklohnforderung verbunden.

In einem vom Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 24.04.2021 entschiedenen Fall hatte ein Verbraucher einen Neubau errichten lassen und dazu mehrere Unternehmer mit Einzelgewerken beauftragt. Das Oberlandesgericht Hamm meint – insoweit abweichend von der Rechtsprechung des Kammergerichts –, auch der Vertrag über das Einzelgewerk sei ein Verbraucherbauvertrag, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolge, die Stellung des neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich sei und das beauftragte Gewerk zum Bau des neuen Gebäudes beitrage. Denn nur bei diesem Verständnis sei der Schutz des Verbrauchers gewährleistet, den der Gesetzgeber durch Einführung des Verbraucherbauvertrags bezweckt habe. Diese Grundsätze kann man auf erhebliche Umbauarbeiten übertragen, so dass ein Vertrag über kleinere Arbeiten als Verbraucherbauvertrag zu bewerten sei, falls diese Arbeiten Teil erheblicher Umbauarbeiten sind.

Zwar sind mit der Einordnung eines Vertrags als Verbraucherbauvertag oder "normalen" Bauvertrag weitere Konsequenzen verbunden, etwa zur Auslegung von Leistungsbeschreibungen. Von erheblicher Bedeutung ist in jedem Fall das Widerrufsrecht des Verbrauchers: Wird der Verbraucher hierüber belehrt, endet es nach 14 Tagen. Ohne Belehrung kann der Verbraucher dagegen noch bis zu einem Jahr und zwei Wochen nach Abschluss des Vertrags den Widerruf erklären. Wurden die (Bau-) Leistungen zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits erbracht, stellt sich die Frage, ob dem Unternehmer wenigstens ein Wertersatz (so beim Verbraucherbauvertrag) oder gar kein Werklohn (so beim "normalen" Bauvertrag) zusteht. Dem Risiko eines Widerrufs und des Verlusts seiner Forderungen kann der Unternehmer nur entgehen, indem er den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt. Über Voraussetzungen und Form eines Widerrufs informieren wir Sie gerne.

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