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2021

GmbH digital

Zwar ist die Videokommunikation im vergangenen Jahr zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags geworden, notarielle Beurkundungstermine per Videokonferenz abzuhalten ist jedoch aufgrund der für die Beurkundung erforderlichen Anwesenheit der Parteien nach wie vor nicht möglich. Nach dem am 10.02.2021 veröffentlichten Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) sollen künftig (i) virtuelle GmbH-Gründungen, (ii) digitale Registeranmeldungen und (iii) öffentliche Beglaubigungen qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation möglich sein. Damit wird erstmals die Möglichkeit der notariellen Beurkundung von Willenserklärungen im Wege eines Online-Verfahrens eingeführt!

I. Ziel und Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie EU/2019/1151 (DigRL)

Die DigRL hat das Ziel, die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen durch den Einsatz digitaler Verfahren europaweit grenzüberschreitend zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Die DigRL ist bis zum 01.08.2021 in nationales Recht umzusetzen. Deutschland hat allerdings von der einjährigen Verlängerungsoption Gebrauch gemacht, sodass eine Umsetzung erst bis August 2022 verpflichtend ist.

II. Regelungsaspekte

Das DiRUG enthält folgende Neuregelungen, die teilweise grundlegende Gesetzesänderungen u.a. im Beurkundungsgesetz (BeurkG), im Handelsgesetzbuch (HGB) und im GmbHG zur Folge haben werden:

 Virtuelle GmbH-Gründungen

Während die DigRL nicht nur für die GmbH, sondern auch für die Aktiengesellschaft (AG) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) die Möglichkeit der Online-Gründung vorsieht, beschränkt das DiRUG die Online-Gründung auf die Bargründung einer GmbH (einschließlich der haftungsbeschränkten UG). Das DiRUG sieht also für Personen- oder Aktiengesellschaften keine Online-Gründung vor. Künftig sollen die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH als auch die im Rahmen der Gründung gefassten Gesellschafterbeschlüsse per Videokommunikation erfolgen können. Nach Abschluss des Gründungsverfahrens der Gesellschaft zu beurkundende Beschlüsse (spätere Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen, Anteilsübertragungen, Sitzverlegungen) sollen hingegen nicht mittels Videokommunikation erfolgen und erfordern eine Präsenzbeurkundung. Um die Online-Gründung der GmbH zu ermöglichen, werden im BeurkG die Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation geschaffen. Auch die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen durch Notare soll per Videokommunikation möglich sein.

Digitale Handelsregisteranmeldungen

Darüber hinaus bringt das DiRUG für die Eintragung und Einreichung von Urkunden zum Handelsregister grundlegende Änderungen mit sich und ermöglicht öffentliche Beglaubigungen von Registeranmeldungen mittels notarieller Videokommunikation vorzunehmen. Erforderliche Urkunden sollen vollständig online eingereicht werden können. Die Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen soll nicht nur für die GmbH, sondern auch für Einzelkaufleute, AG, KGaA, Genossenschaften sowie deren Zweigniederlassungen möglich sein. Ein Präsenz-Beglaubigungstermin beim Notar wird künftig z.B. für die Eintragung des Wechsels des GmbH-Geschäftsführers oder eines Prokuristen im Handelsregister nicht mehr erforderlich sein. Es ist davon auszugehen, dass im weiteren Gesetzesverfahren auch die Online-Beglaubigung für Registeranmeldung für die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und KG ergänzt wird.

Digitale Unternehmensregister

Ebenfalls reformiert wird das bisherige Offenlegungs- und Bekanntmachungswesen von Registereintragungen für die Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister. Künftig müssen Urkunden und Informationen nicht mehr in einem separaten Amtsblatt oder Portal offengelegt werden ("Once-only-Prinzip"). Die Bekanntmachung von Registereintragungen entfällt, vielmehr wird die Eintragung künftig dadurch erfolgen, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig online zum Abruf bereitgestellt wird. Rechnungslegungsunterlagen (z.B. Jahresabschlüsse) sollen nur noch durch Einstellung in das Unternehmensregister offengelegt werden. Dies soll die bisher bestehende Doppelpublizität in Bundesanzeiger und Unternehmensregister vermeiden und die Funktion des Unternehmensregisters als "One-Stop-Shop" stärken. Zudem wird der Abruf von Informationen aus den Registern künftig kostenfrei sein.

Grenzüberschreitender Informationsaustausch

Ein weiteres Ziel der DigRL ist die Verbesserung des grenzüberschreitenden Informationsaustauschs über Zweigniederlassungen. Dazu soll im Handelsregister auch eine Information über ausländische Zweigniederlassungen in anderen EU-/EWR-Mitgliedstaaten von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland eingetragen werden. In Handelsregistereinträgen deutscher Gesellschaften sollen auch Registerdaten zu Zweigniederlassungen in anderen EU-/EWR-Mitgliedstaaten ersichtlich sein. Bislang war die Eintragung ausländischer Zweigniederlassungen deutscher Unternehmen nicht möglich. Schließlich ist geplant, Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder einzuführen.

III. Ausblick

Der Gesetzesentwurf enthält umfassende Neuregelungen mit vielversprechenden Ansätzen. Die größte Entlastung stellt der Wegfall des persönlichen Erscheinens und damit einer notariellen Beurkundung vor Ort dar. Obwohl eine Ausweitung auf andere Kapitalgesellschaften oder gar eine vollständige Online-Gründung ohne Beteiligung eines Notars wünschenswert wäre, ist eine solche nicht vorgesehen. Allerdings wird durch die Möglichkeiten der Online-Gründung einer GmbH und der Online-Anmeldungen zum Handelsregister die praktische Relevanz der Videokommunikation im geschäftlichen Umfeld noch weiter verstärkt werden. Ob darüber hinaus auf europäischer Ebene weitere Maßnahmen zum Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht zu erwarten sind, wird maßgeblich von den Ergebnissen der geplanten, durch die Europäische Kommission durchzuführenden Evaluation zur Umsetzung der DigRL abhängen.

Weitergehende Informationen zu diesem Thema finden Sie hier in unserem blog-Artikel zur Online-Gründung der GmbH als first Step zum "virtuellen Notariat".

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