Die Entscheidung des EuGH zum Mindestsatzgebot der HOAI erreicht mittlerweile auch das Vergaberecht. So hatte das OLG Rostock (17 VerG 3/19) darüber zu entscheiden, ob die Aufhebung eines Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle in der Hoffnung eines günstigeren Honorars bei erneuter Ausschreibung zulässig ist. Das OLG verwies zunächst darauf, dass es der Vergabestelle freigestellt sei, das Vergabeverfahren jederzeit aufzuheben, auch wenn dafür kein gesetzlicher Aufhebungsgrund vorliegt. Deshalb konnte die Vergabestelle im vorliegenden Fall mit Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH ohne Verstoß gegen das Willkürverbot das Vergabeverfahren beenden. Sie war deshalb auch nicht verpflichtet, das Vergabeverfahren fortzuführen, wie es der Bieter im Verfahren beantragt hatte.
Allerdings stellte sich die Entscheidung der Vergabestelle nach Bewertung des Senats als rechtswidrig dar, sodass hieraus entstehende Schäden dem Bieter wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten aus vorvertraglichen Schuldverhältnissen durch die Vergabestelle zu ersetzen sind. Denn die Vergabestelle konnte nicht nachweisen, dass sich die Grundlage des Vergabeverfahrens durch das Urteil des EuGH wesentlich geändert hat. Nach Auffassung des OLG hatte das Urteil des EuGH lediglich festzustellende Wirkung zu einer ohnehin bestehenden Rechtslage. Auch weitere mögliche Aufhebungsgründe wie unwirtschaftliche Ausschreibungsergebnisse oder andere schwerwiegende Gründe konnte der Senat nicht erkennen. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens allein auf Grundlage der Entscheidung des EuGH ist deshalb im Ergebnis zwar zulässig, bedeutet aber gleichzeitig eine Schadenersatzpflicht für die Vergabestelle.