Die Versicherungsbedingungen für Berufsunfähigkeitsversicherungen enthalten häufig Klauseln, nach denen der Leistungsanspruch besteht, wenn der Versicherte entweder für die Dauer von mindestens 6 Monaten außerstande war, seinen Beruf auszuüben (erste Alternative) oder dies voraussichtlich für die Dauer von mindestens 6 Monaten der Fall sein wird (zweite Alternative). Es war bislang umstritten, ob der Leistungsanspruch mit dem Beginn oder dem Ende des Sechsmonatszeitraums beginnt. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.07.2021 entschieden, dass dies für die beiden Alternativen der Klausel unterschiedlich zu beurteilen ist. Bei der zweiten Alternative, in der die Berufsunfähigkeit regelmäßig so schwerwiegend ist, dass von Beginn an die Prognose einer Dauer von mindestens 6 Monaten gestellt werden kann, beginne der Leistungsanspruch bereits mit Beginn des Sechsmonatszeitraums. Bei der ersten Alternative, die typischerweise weniger schwerwiegende Fälle betreffe, bei denen erst am Ende des Sechsmonatszeitraums sicher sei, dass diese Zeitspanne erreicht werde, beginne der Leistungsanspruch hingegen erst nach dem Ablauf der 6 Monate.
In der Praxis führt die Klausel noch aus anderen Gründen häufig zu Missverständnissen. Sie wird von vielen Versicherten so verstanden, dass eine Berufsunfähigkeit nach einer Krankschreibung von mindestens 6 Monaten als bewiesen gilt. Allein Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen muss der Versicherer jedoch noch nicht als Nachweis einer Berufsunfähigkeit akzeptieren. Er kann einwenden, dass die Krankschreibung zu Unrecht erfolgt ist oder der nach den Versicherungsbedingungen erforderliche Grad der Berufsunfähigkeit (meistens 50 %) nicht erreicht war. Es ist daher häufig erforderlich, neben den Krankschreibungen weitere ärztliche Belege für das Bestehen einer Berufsunfähigkeit vorzulegen.