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2020

Bundesgerichtshof: Schienenkartell II

Mit Urteil vom 28.01.2020 ("Schienenkartell II") hat der Bundesgerichtshof wichtige Fragen zum Kartellschadensersatz konkretisiert und einige insbesondere seit seinem Urteil "Schienenkartell I" vom 11.12.2018 bestehende Unsicherheiten reduziert.

Für das haftungsbegründende Tatbestandsmerkmal der Kartellbetroffenheit legt der Bundesgerichtshof einen sehr weiten Maßstab fest: Erforderlich sei lediglich, dass dem Beklagten ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten anzulasten ist, das geeignet ist, einen Schaden des Klägers mittelbar oder unmittelbar zu begründen. Damit interpretiert der Bundesgerichtshof dieses Tatbestandsmerkmal – in Einklang mit dem EuGH-Urteil in Sachen "Otis" vom 12.12.2019 – deutlich großzügiger als viele Instanzgerichte.

Zur Feststellung des Schadens und dessen Höhe sowie zum Umgang mit ökonomischen Gutachten gibt der Bundesgerichtshof ausführliche "Segelanweisungen" für die Instanzgerichte: Er betont, dass der Tatrichter im Rahmen Schadensschätzung bei der erforderlichen Würdigung aller Umstände besonders freigestellt sei. Die Feststellung eines kartellbedingten Schadens und dessen Höhe könne regelmäßig nur aufgrund von Indizien getroffen werden, der unmittelbare Beweis eines Kartellschadens sei kaum möglich. Zugunsten des Abnehmers eines an einer Kartellabsprache beteiligten Unternehmens streite eine tatsächliche Vermutung für kartellbedingt überhöhte Preise, deren Gewicht der Tatrichter anhand verschiedener Faktoren bewerten müsse. Die Bedeutung von ökonomischen Sachverständigengutachten relativiert der Bundesgerichtshof hingegen. Insgesamt ermutigt der Bundesgerichtshof die Tatrichter, künftig freier über das Vorliegen eines Schadens zu entscheiden.

Schließlich bezweifelt der Bundesgerichtshof, dass die bisher weit verbreitete Praxis der Instanzgerichte, in Kartellschadenersatzprozessen Grundurteile zu erlassen, prozessökonomisch und damit zulässig ist. Es liegt nahe, dass Instanzgerichte künftig deshalb vermehrt einheitlich über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs entscheiden (müssen).

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