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2023

Elektronische Signaturen im Gesellschaftsrecht

In immer mehr Unternehmen werden Vertragsdokumente und auch gesellschaftsrechtlich relevante Dokumente wie Protokolle, Beschlüsse der Geschäftsführung oder Gesellschafterbeschlüsse elektronisch signiert. Die Unterzeichnung mittels elektronischer Signatur spart in der Regel Zeit und ist in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung auch zeitgemäß. Nicht jede Form der elektronischen Signatur genügt aber der gesetzlich oder vertraglich, insbesondere einer im Gesellschaftsvertrag, vorgesehenen Schriftform. Erfüllt die gewählte Form der elektronischen Signatur die gesetzlichen oder vertraglichen Formerfordernisse nicht, kann dies die Nichtigkeit des dokumentierten Rechtsgeschäfts zur Folge haben. Die Kenntnis der Rechtsgrundlagen und Rechtsgrundsätze im Zusammenhang mit elektronischen Signaturen ist daher für die geschäftsführenden Gesellschaftsorgane unerlässlich. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten elektronischer Signaturen und die rechtlichen Möglichkeiten, gesellschaftsrechtliche Dokumente anstatt handschriftlich elektronisch zu signieren.

1. Grundlagen

Die Rahmenbedingungen für die Nutzung elektronischer Signaturen sind auf Ebene der Europäischen Union für die Mitgliedstaaten verbindlich in der eIDAS-VO (EU) Nr. 910/2014 geregelt und wurden durch das eIDAS-Durchführungsgesetz in das BGB integriert. Ziel der Verordnung ist die Schaffung möglichst sicherer, vertrauenswürdiger und einfach zu nutzender Signaturverfahren als gemeinsame Grundlage für eine sichere elektronische Interaktion zwischen Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen in der Europäischen Union. Die Verordnung sieht drei verschiedene Signaturverfahren vor: die einfache, die fortgeschrittene und die qualifizierte elektronische Signatur.

Eine einfache elektronische Signatur liegt vor, wenn der Unterzeichner zum Unterzeichnen Daten in elektronischer Form verwendet, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden. Für die einfache elektronische Signatur genügt folglich bereits ein eingetippter Name am Ende einer E-Mail oder eine eingescannte Unterschrift, die in ein Dokument einfügt wird. Die fortgeschrittene elektronische Signatur ist eine einfache elektronische Signatur, die zusätzlich eine Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht und nachträgliche Änderungen der Daten erkennen lässt. Die qualifizierte elektronische Signatur ist wiederum eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht, für das die Identität des Unterzeichners mittels eines amtlichen Ausweises überprüft wird. Sie bietet damit den höchsten Sicherheitsstandard. Die wenigsten Geschäftsführer und Gesellschafter dürften eine qualifizierte elektronische Signatur aber je genutzt haben.

2. Nur die qualifizierte elektronische Signatur kann die Schriftform ersetzen

Für die Praxis ist vor allem die Frage relevant, ob und wann Dokumente anstatt eigenhändig unterzeichnet rechtssicher auch elektronisch signiert werden können. Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Antwort hängt vielmehr von der Art des Dokuments und den gesetzlichen Formerfordernissen ab. Das deutsche Recht unterscheidet zwischen 

der Textform, die in der Regel keine Unterschrift erfordert, 

der Schriftform, die in der Regel ein physisches Dokument mit handschriftlicher Unterschrift voraussetzt, 

der notariellen Beglaubigung einer Unterschrift unter einem Dokument und 

der notariellen Beurkundung eines Dokuments.

Rechtsgeschäfte, die nach dem Gesetz oder Vertrag keiner besonderen Form oder lediglich der Textform bedürfen, können einfach elektronisch signiert werden. Die gesetzliche Schriftform kann nach der Grundregelung des BGB hingegen – wenn überhaupt – nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. In Einzelfällen schließt das Gesetz die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form ausdrücklich aus. Dies ist insbesondere in Bereichen des Arbeitsrechts und Kreditsicherungsrechts der Fall. So bedarf die Kündigungserklärung des Arbeitgebers weiterhin der eigenhändigen Namensunterschrift eines Zeichnungsberechtigten, da das Gesetz die Ersetzung der eigenhändigen Namensunterschrift durch die elektronische Form ausdrücklich ausschließt. 

Ist von Gesetzes wegen keine besondere Form gefordert, haben die Parteien aber (freiwillig) Schriftform vereinbart, bedeutet dies nicht automatisch, dass damit die gesetzliche Schriftform vereinbart wurde. Vielmehr ist durch Auslegung des Parteiwillens zu ermitteln, ob zur Wahrung der sogenannten "gewillkürten" Schriftform die einfache elektronische Signatur genügt. Nach der gesetzlichen Auslegungsregel ist dies in der Regel der Fall, wenn kein abweichender Parteiwille erkennbar ist. Rechtssicher kann eine z.B. in einem Gesellschaftsvertrag vereinbarte Schriftform aber regelmäßig nur durch eine qualifiziert elektronische Signatur ersetzt werden.

Die notarielle Beglaubigung und notarielle Beurkundung können weiterhin nicht durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden.

3. Praktische Anwendungsbeispiele für elektronische Signaturen im Gesellschaftsrecht

Die vorstehenden Grundsätze und rechtlichen Möglichkeiten für die Nutzung von elektronischen Signaturen im Gesellschaftsrecht lassen sich anhand der für den Geschäftsalltag relevantesten gesellschaftsrechtlichen Dokumente wie folgt darstellen:

3.1. Beschlüsse der Geschäftsführung und Protokolle über Geschäftsführersitzungen können in der Regel formlos gefasst werden, sodass jede Form der elektronischen Signatur, selbst eine einfache elektronische Signatur, den Formerfordernissen genügt.

3.2. Ähnlich ist die Situation bei Gesellschafterbeschlüssen. Diese können – soweit im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorgesehen ist – grundsätzlich formfrei gefasst werden. Dementsprechend können Gesellschafterbeschlüsse anstatt handschriftlich unterzeichnet auch einfach elektronisch signiert werden. Sieht der Gesellschaftsvertrag ein Verfahren zur schriftlichen Stimmabgabe vor, können die Stimmen jedenfalls mit qualifizierter elektronischer Signatur auch elektronisch abgeben werden. Ausnahmen gelten insbesondere bei der GmbH aber dann, wenn der Gesellschafterbeschluss der notariellen Beurkundung bedarf.

3.3. Vollmachten können von Gesetzes wegen grundsätzlich formfrei erteilt werden. Folglich können Vollmachten einfach oder qualifiziert elektronisch signiert werden. Nur in Einzelfällen, in denen die Vollmacht einer besonderen notariellen Form bedarf, ist dies nicht zulässig. So bedarf z.B. die Registervollmacht, die den Bevollmächtigten ermächtigt, für den Vertretenen Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen, der notariellen Beglaubigung.

4. Fazit

Elektronische Signaturen können in zahlreichen Anwendungsfällen genutzt werden, um gesellschaftsrechtlich relevante Dokumente zu unterzeichnen. Allerdings sollte immer beachtet und kritisch geprüft werden, ob das zu unterzeichnende Dokument im konkreten Fall nach dem Gesellschaftsvertrag oder dem Gesetz einer besonderen Form bedarf.

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