Mit dem Fondsstandortgesetz (FoStoG) hat der deutsche Gesetzgeber klarstellend geregelt, dass die BaFin im Versicherungssektor ebenfalls die Einhaltung der unionsrechtlichen Nachhaltigkeitsvorgaben in der Offenlegungs-VO und in der Transparenz-VO überwacht (§ 295 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 VAG). Zudem werden bestimmte Inhalte dieser beiden Verordnungen obligatorisches Element der versicherungsaufsichtsrechtlichen Abschlussprüfung (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 9 VAG). Diese nationalen Vorgaben erfassen diejenigen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Offenlegungs-VO und der Taxonomie-VO fallen, also (nur) diejenigen Lebensversicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte anbieten.
Bewertung: Während die Überwachung durch die BaFin europarechtlich angelegt ist, stellt die weitergehende Vorgabe für die Abschlussprüfung eine rein nationale Regelung dar. Der Gesetzgeber setzt damit seine fragwürdige Politik fort, behördliche Aufgaben auf die Abschlussprüfer zu verlagern und so die Distanz zwischen Unternehmen und BaFin zu vergrößern (zu Einzelheiten Bürkle, in Kaulbach/Bähr/Pohlmann, VAG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 2). Die BaFin erhält und prüft damit zudem nur Informationen aus zweiter Hand; zugleich wird durch diese Doppelprüfung Mehraufwand generiert, den am Ende die Versicherungsnehmer tragen.
Praxishinweis: Die BaFin hat in Ihrem Brief an den IDW vom 30.06.2021 (abrufbar auf der IDW-Homepage) die behördliche Sicht im Hinblick auf Prüfungsumfang und Prüfungs-tiefe beschrieben. Das IDW hat zudem einen Praxishinweis zur Prüfung der Einhaltung der Anforderungen nach der Offenlegungs- und der Transparenz-VO veröffentlicht (IDW Life 11/2021, S. 1201).
Literaturhinweis: Zu den Auswirkungen der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung auf die Compliance-Funktion Bürkle, VersR 2020, 1155.