Mit Urteil vom 06.06.2018 entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu sachgrundlosen Befristungen verfassungswidrig ist.
Die Regelung zu sachgrundlosen Befristungen in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sieht wörtlich vor, dass „eine Befristung […] nicht zulässig [ist], wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat″. Das BAG war bislang der Ansicht, dass „zuvor″ nicht dahingehend verstanden werden darf, dass niemals zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, sondern ließ eine sachgrundlose Befristung zu, soweit die vorangegangene Beschäftigung mehr als drei Jahre zurücklag. Damit haben die Richter des BAG die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten, so das BVerfG. Die Formulierung des Gesetzes sei klar dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzgeber keine Karenzzeit habe regeln wollen – sonst hätte er dies getan. Sachgrundlose Befristungen seien nach dem Willen des Gesetzgebers damit grundsätzlich nur einmal bei demselben Arbeitgeber zulässig, egal wie lange eine etwaige Vorbeschäftigung zurück liege.
Allerdings will auch das BVerfG einige wenige Ausnahmen in Bezug auf die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zulassen. Das Verbot sei unverhältnismäßig, wenn eine Vorbeschäftigung schon sehr lange zurück liege, ganz anders geartet oder von nur sehr kurzer Dauer gewesen sei. Als Beispiel nennen die Richter unter anderem Tätigkeiten während der Studienzeit. In diesen Fällen sei das „strikte″ Verbot der erneuten Befristung unzumutbar und nicht mehr erforderlich. Das unbefristete Arbeitsverhältnis müsse aber die Regel bleiben und die Gefahr einer Kettenbefristung dürfe nicht bestehen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das BVerfG davon ausgeht, der Gesetzgeber habe den eindeutigen Willen gehabt, sachgrundlose Befristungen bei demselben Arbeitgeber nur einmal zuzulassen. Somit kassiert es die bisherige Rechtsprechung des BAG. Etwas widersprüchlich geht das BVerfG indes davon aus, dass Ausnahmen trotzdem zulässig sind, wenn Kettenbefristungen nicht zu befürchten sind. Gerade diesen Gedanken verfolgte gleichwohl auch das BAG mit seiner (bisherigen) Rechtsprechung.
Einen Kompromiss zwischen striktem Verbot und grundsätzlicher Zulässigkeit von sachgrundlosen Befristungen versuchen auch die Koalitionspartner zu finden. Im Koalitionsvertrag findet eine Interessenabwägung zwischen dem Flexibilitätsbedürfnis der Arbeitgeber und dem Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer statt, indem bei Arbeitgebern mit mehr als 75 Beschäftigten die Zahl der sachgrundlosen Befristungen auf 2,5 % reduziert werden soll. Zudem wird auch hier die Problematik der Vorbeschäftigung erwähnt. Wörtlich heißt es: „Eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist dann nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben″. Dabei wird also – anders als bei einer Karenzzeit – auf die Dauer der Vorbeschäftigung abgestellt.
Die Zukunft in Sachen sachgrundloser Befristung ist damit offen und bleibt weiter im Fluss. Es ist derzeit noch nicht absehbar, welche Ausnahmen für die Zulässigkeit sachgrundloser Befristungen bei einer Vorbeschäftigung von der Rechtsprechung künftig in der Praxis anerkannt werden. Für Arbeitgeber ist beim Abschluss von befristeten Verträgen daher weiterhin Vorsicht geboten. Insbesondere die aktuellen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung sollten dabei im Auge behalten werden.