Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II vom 19.12.2022 (BGBl. Teil I 2022, Seite 2606) will der deutsche Gesetzgeber auf EU-Recht basierende Sanktionen effektiver durchsetzen. Art. 7 dieses Gesetzes führt aber zugleich zu drei Änderungen im nationalen VAG. Erstens fingiert der neue § 7a VAG die Unzuverlässigkeit bei allen Personen, die sich auf EU-Sanktionslisten befinden. Diese Fiktion gilt für sämtliche Normen des VAG, die aufsichtsrechtliche Zuverlässigkeit fordern. Zweitens wird in § 19 Abs. 2 VAG nun eine Haftungsbegrenzung für Stimmrechtstreuhänder eingeführt, da nach Meinung des Gesetzgebers das Haftungsrisiko dieser Personen faktisch nicht versicherbar ist. Drittens werden die Regelungen zum Einsatz des Sonderbeauftragten in § 307 VAG in Anlehnung an § 45c KWG deutlich geändert. Die Neuregelung sieht (nicht abschließend) sechs typische Fälle vor, in denen die BaFin einen Sonderbeauftragten bestellen kann, der Aufgaben und Befugnisse von Unternehmensorganen übernimmt. Damit kommt es zu einer grundlegenden Änderung der bisherigen Regelung, die eine Bestellung des Sonderbeauftragten ohne tatbestandsmäßige Voraussetzungen zugelassen hatte (dazu Bürkle, VersR 2015, 941).
Bewertung: Speziell die Neuregelungen zur Bestellung des Sonderbeauftragten führen zu wesentlichen Änderungen der bisherigen Rechtslage. Durch die Nominierung sechs typischer Anwendungsfälle wird die Bestimmtheit der Norm erhöht, allerdings fehlt aufgrund der offenen Aufzählung weiterhin eine ausreichende Klarheit bezüglich der Interventionsvoraussetzungen.
Praxishinweis: In letzter Zeit hat die BaFin im Bankensektor auf der Basis von § 45c KWG vermehrt Sonderbeauftragte eingesetzt. Diese Tendenz könnte sich mit der neuen Regelung auch im Versicherungssektor entwickeln. Unternehmen und Organe sind daher gut beraten, sich auf einen eventuellen Einsatz eines Sonderbeauftragten vorzubereiten.
Literaturhinweis: Bürkle, Der Sonderbeauftragte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Versicherungssektor, Verlag Versicherungswirtschaft GmbH, Karlsruhe, 2013.
