In einer Vielzahl von Bauverträgen behält sich der Auftraggeber das Recht vor, zur Absicherung der Vertragserfüllung und seiner Mängelrechte einen Teil des Werklohns einzubehalten. Dem Auftragnehmer wird dann in der Regel die Möglichkeit eingeräumt, Einbehalte durch Bürgschaften abzulösen. Da dem Auftragnehmer aufgrund solcher Sicherungsabreden ein Teil seines Werklohns vorenthalten bzw. die Auszahlung von der Stellung von Bürgschaften abhängig gemacht wird, können solche Abreden den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen. Benachteiligen die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers vorgesehenen Sicherungsabreden den Auftragnehmer unangemessen, sind sie unwirksam.
Eine solche Unwirksamkeit hat das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Beschluss vom 28.10.2019 angenommen und die Klage eines Auftraggebers abgewiesen, der den Bürgen auf Zahlung von etwa 776.000,00 € verklagt hatte. In seinen AGB hatte der Auftraggeber dem (inzwischen insolventen) Auftragnehmer vorgegeben, zur Ablösung des Einbehalts von 10 % der Auftragssumme zur Sicherung der Vertragserfüllung eine Bürgschaft "für die Erfüllung sämtlicher mit dem (…) Vertrag übernommenen Verpflichtungen des Auftragnehmers, insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung" zu stellen. Weiter hieß es in den AGB: "Gegen Rückgabe der Ausführungssicherheit leistet der Auftragnehmer auf die Dauer der Verjährungsfrist für Mängelrechte nach (…) Abnahme und Beseitigung der bei Abnahme festgestellten Mängel (…) eine Mängelsicherheit in Höhe von 5 % der Nettoabrechnungssumme." Das Gericht hielt eine Übersicherung des Auftraggebers für möglich, da die 10 %ige Vertragserfüllungsbürgschaft "sämtliche" Verpflichtungen des Auftragnehmers sichern sollte und damit gegebenenfalls auch Mängelansprüche. Eine Absicherung von nach der Abnahme bestehenden Mängelansprüchen in einem Umfang von 10 % der Auftragssumme benachteilige den Auftragnehmer unangemessen; die in AGB zulässige Grenze liege bei 5 % der Abrechnungssumme. Als kritisch hat das Gericht außerdem die Regelung angesehen, nach der die 10 %ige Vertragserfüllungssicherheit erst nach Beseitigung der bei der Abnahme festgestellten Mängel zurückzugeben war. Denn nach dieser Regelung komme es für das Recht zum Einbehalt der Sicherheit nicht auf den Umfang der Mängel an, sodass der Auftraggeber die gesamte Sicherheit für die Vertragserfüllung zurückbehalten könne, solange nur ein einziger der bei der Abnahme festgestellten Mängel nicht beseitigt ist. Auch dies stellt nach Ansicht des Gerichts eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar. Wegen dieser Benachteiligungen seien die in den AGB des Auftraggebers enthaltenen Sicherungsabreden unwirksam. Der Auftraggeber sei deshalb nicht berechtigt gewesen, Einbehalte vorzunehmen und der Auftragnehmer nicht verpflichtet gewesen, Bürgschaften zur Ablösung der Einbehalte zu stellen. Hierauf konnte sich auch der Bürge berufen, sodass der Auftraggeber aus der ohne Rechtsgrund gestellten Bürgschaft kein Geld erhielt und auf dem Schaden sitzen blieb.
Die Formulierung von AGB muss mit Bedacht erfolgen. Denn will der Verwender zu viel oder können seine AGB wenigstens dahingehend verstanden werden, kann die von ihm vorgegebene Regelung unwirksam sein. Dann gilt stattdessen die gesetzliche Regelung. Da die gesetzlichen Regelungen keine Sicherheiten zugunsten des Auftraggebers vorsehen, stand der klagende Auftraggeber letztendlich mit leeren Händen da.