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2022

Anstellung des Gründers in seinem medizinischen Versorgungszentrum

In einem Urteil vom 26.01.2022 hat das Bundessozialgericht über den Antrag einer MVZ-GmbH auf Genehmigung zur Anstellung ihrer beiden Gründer (Gesellschafter) im medizinischen Versorgungszentrum entschieden. Die Gründer wollten auf ihre Vertragsarztzulassung mit vollem Versorgungsauftrag zugunsten einer Anstellung in dem medizinischen Versorgungszentrum verzichten. Sie waren jeweils zu 50 % Inhaber der Geschäftsanteile der GmbH, die Beschlüsse als Gesellschafter mussten einstimmig getroffen werden. Die Geschäftsführung erfolgte, abgesehen von laufenden Geschäften, durch gemeinsames Handeln beider Gesellschafter-Geschäftsführer.

Sowohl der Zulassungs- als auch der Berufungsausschuss lehnten die Anstellungsgenehmigungsanträge mit der Begründung ab, dass bei der gegebenen Sachlage kein Anstellungsverhältnis im arbeits- bzw. sozialversicherungsrechtlichen Sinne begründet werden könne. Das Sozialgericht hob die Entscheidung des Berufungsausschusses auf. Das Urteil des Sozialgerichts wurde vom Bundessozialgericht seinerseits kassiert, so dass die Entscheidung des Berufungsausschusses bestätigt wurde. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts ergibt sich aus den Regelungen über die Zulassung medizinischer Versorgungszentren, die Teilnahme von medizinischen Versorgungszentren am Nachbesetzungsverfahren und über die Nachbesetzung von dem medizinischen Versorgungszentrum genehmigten Arztstellen kein eigenständiger Begriff des "Angestellten im medizinischen Versorgungszentrum" bzw. der "Anstellung im medizinischen Versorgungszentrum". Vielmehr setzen die vertragsarztrechtlichen Regelungen diese Begriffe in Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit des Vertragsarztes voraus. Soll der Arzt, für den eine Anstellungsgenehmigung beantragt wird, nach der konkreten Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses zum Rechtsträger des medizinischen Versorgungszentrums nicht abhängig beschäftigt, sondern selbstständig tätig werden, sei keine Anstellungsgenehmigung zu erteilen, auch wenn die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Das folgt nach Auffassung des Bundessozialgerichts zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut, jedoch aus Regelungssystem und Entstehungsgeschichte sowie Regelungszweck der Vorschriften zur Anstellung von Ärzten im medizinischen Versorgungszentrum. Grundlage dieser ausführlich begründeten Entscheidung ist die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung zwischen den Begriffen der (abhängigen) Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit gemäß § 7 SGB IV. Wer als Gesellschafter und Geschäftsführer einer MVZ-GmbH die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können, ist in diesem Sinne auch dann selbstständig tätig, wenn zivilrechtlich ein Anstellungsvertrag vorliegt. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer gegeben, der mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder, bei einer geringeren Kapitalbeteiligung, über eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität verfügt. Dagegen ist ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zugleich zum Geschäftsführer bestellt ist, regelmäßig abhängig beschäftigt. Erst wenn Gesellschafter kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber der Geschäftsführung haben, unterliegen sie nicht mehr deren Weisungsrecht.

Im Ergebnis bleibt das Urteil etwas unklar. Als gesichert kann gelten, dass die gleichzeitige Stellung als Geschäftsführer einer GmbH einem genehmigten Anstellungsverhältnis eines MVZ-Gründers entgegensteht, wenn der Gründer mit mindestens 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Offen ist aus unserer Sicht, ob auch die bloße Anteilsmehrheit eines MVZ-Gründers, die diesem bei der GmbH von Gesetzes wegen die Rechtsmacht verschafft, alle Entscheidungen der Geschäftsführung an sich zu ziehen und der Geschäftsführung verbindliche Weisungen zu erteilen, einer genehmigten Anstellung entgegensteht. Im konkreten Fall stellt das Bundessozialgericht auf die laut des Gesellschaftsvertrags für Beschlussfassungen der Gesellschafter notwendige Einstimmigkeit ab und leitet hieraus – zurecht – die Rechtsmacht beider Gesellschafter ab, unliebsame Beschlüsse der Gesellschaft gegen die eigene Person zu verhindern. Dabei bleibt allerdings offen, ob allein schon dies maßgeblich ist oder nur in Kombination mit der Stellung als Geschäftsführer.

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Markus Kitzenmaier Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Rechtsanwalt; Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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