Grundsätzlich trägt die Verkehrssicherungspflicht auf Baustellen der Bauherr als Veranlasser des Bauvorhabens. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings anerkannt, dass der Bauherr seine ihn treffende Verkehrssicherungspflicht und seine diesbezüglichen Pflichtenstellungen dadurch verkürzen kann, dass er die Planung und Durchführung des Bauvorhabens zuverlässigen sachkundigen Fachleuten, wie einem Architekten oder Bauunternehmer, überträgt. Danach treffen den Bauherren nur noch Auswahl-, Instruktions- und Überwachungspflichten; verantwortlich bleibt der Bauherr lediglich, wenn er berechtigte Zweifel an der Sorgfalt des beauftragten Architekten haben muss.
Als Konsequenz dessen hat das OLG Celle entschieden (14 U 20/20), dass den Bauherrn auch kein Mitverschulden trifft, wenn der Architekt die auf ihn delegierten Pflichten bei der Bauüberwachung verletzt. Im Fall des OLG Celle hatte eine mit der Objektüberwachung beauftragte Architektin bei der Sanierung eines Verwaltungsgebäudes den Abbruch und die Verschließung eines Lüftungsschachts angeordnet. Bei Ausführung der Arbeiten blieb der Schacht über zwei Wochen ungeschützt offen stehen, was zur Folge hatte, dass Wasser ins Gebäudeinnere gelangte und dort lagerndes Aktenmaterial beschädigte. Das OLG Celle entschied, dass die Architektin gegenüber dem klagenden Bauherrn für den entstandenen Schaden haftet, ohne dass sich der Bauherr ein Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Der Bauherr dürfe sich darauf verlassen, dass die Architektin geeignete Schutzmaßnahmen ergreift, damit sein Eigentum vor vermeidbaren Wassereinbrüchen bei der Bauausführung geschützt bleibt.