Der Bundesgerichtshof hat am 18.05.2021 entschieden, dass eine vom Hotelbuchungsportal Booking.com verwendete "enge Bestpreisklausel" gegen Kartellrecht verstößt. Mit Bestpreisklauseln verbieten Plattformen den Anbietern, ihre Produkte oder Dienstleistungen an anderen Stellen günstiger anzubieten als auf der jeweiligen Plattform. Bereits im Jahr 2015 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf über sogenannte "weite Bestpreisklauseln" zu entscheiden, die dem Anbieter jegliches günstigere Angebot außerhalb der Plattform verbieten. Sie wurden im entschiedenen Fall als unzulässig angesehen, insbesondere, weil sie den Markteintritt anderer Plattformen behinderten.
Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof über "enge Bestpreisklauseln" zu entscheiden. Diese verbieten es dem Anbieter, auf seiner eigenen Website günstigere Preise zu verlangen als auf der Plattform. Im Übrigen – und insbesondere auf anderen Plattformen – darf er günstiger anbieten. Der Bundesgerichtshof hielt auch diese Klauseln für wettbewerbsbeschränkend und daher unzulässig. Dem Anbieter werde die Möglichkeit genommen, die eingesparte Vermittlungsprovision auf der eigenen Website in Form von Preissenkungen an Kunden weiterzugeben. Der Bundesgerichtshof lehnte es entgegen der Vorinstanz ab, die Klausel als zulässige Nebenabrede anzusehen; ein berechtigtes Interesse der Plattform, vor "Trittbrettfahren" geschützt zu werden, bestehe schon deshalb nicht, weil Booking.com seinen Marktanteil auch in der Zeit habe ausbauen können, in der eine solche Klausel nicht zum Einsatz kam. Abgelehnt wurden auch die Voraussetzungen einer Gruppenfreistellung (wegen Überschreitens der Marktanteilsschwelle) und die Voraussetzungen einer Einzelfreistellung (mangels feststellbarer Effizienzvorteile).
Dem Bundeskartellamt wird diese Entscheidung Rückenwind geben. Presseberichten zufolge hat das Bundeskartellamt gegen den Essens-Lieferdienst Lieferando ein Verfahren wegen einer Bestpreisklausel eröffnet. Mit der wachsenden Bedeutung von Plattformen sind weitere Verfahren wahrscheinlich. Besondere Brisanz haben diese Verfahren deshalb, weil sich die Rechtslage möglicherweise im Jahr 2022 ändern wird. Im derzeit laufenden Reformprozess des EU-Vertriebskartellrechts spielen auch Regeln zu Bestpreisklauseln bei Online-Portalen eine Rolle. Ob die Neuregelung explizite Regeln dazu enthalten wird, könnte bereits in den nächsten Wochen erkennbar werden. Noch vor der Sommerpause wird mit der Veröffentlichung eines Entwurfs der Neuregelung gerechnet, zu dem die Öffentlichkeit dann Stellung nehmen kann.