Mittelständische Familienunternehmen sind heute häufig international tätig und verfügen über eigene Tochtergesellschaften im Ausland. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es für Familienunternehmen von Vorteil ist, diese ausländischen Beteiligungen direkt oder gebündelt über eine Holdinggesellschaft zu halten. Der Beitrag geht dieser Frage nach und gibt gleichzeitig einen Überblick über die wirtschaftlichen, familienstrategischen und rechtlichen Gesichtspunkte, die in die Überlegungen über die Errichtung einer Holdingstruktur einfließen sollten.
Unter einer Holding wird in der Regel ein Unternehmen verstanden, dessen Hauptzweck im Halten und einer auf Dauer angelegten Beteiligung an einem oder mehreren anderen, rechtlich selbstständigen Unternehmen liegt. Die Holding selbst ist keine gesonderte Rechtsform, sondern eine besondere betriebswirtschaftliche Organisationsform. Die Gestaltungsformen sind hier zahlreich, sodass sich jede pauschale Aussage über die Vorteilhaftigkeit oder Nachteiligkeit einer Holdingstruktur für ein bestimmtes Unternehmen verbietet. Typischerweise wird nach einer funktionalen Betrachtung, abhängig von der Intensität der Steuerung der Tochterunternehmen durch die Holdinggesellschaft, zwischen Vermögens- oder Finanzholding und Führungs- oder Managementholding unterschieden. Während sich die Funktion einer Vermögensholding typischerweise auf das reine Halten und Verwalten ihrer Beteiligungen an den operativen Tochtergesellschaften beschränkt, nimmt die Führungsholding eine unternehmensleitende Funktion wahr. Nach regionaler Ausrichtung wird außerdem zwischen inländischen Holdinggesellschaften in Form einer nach deutschem Recht gegründeten Gesellschaft mit Sitz in Deutschland und ausländischen Holdinggesellschaften in ausländischer Rechtsform und mit Sitz im Ausland unterschieden.
(1) Potenzielle Gestaltungsformen
Bei der geschilderten Ausgangslage – ein inländisches mittelständisches Familienunternehmen verfügt über mehrere ausländische Tochtergesellschaften – ist die Errichtung einer Holdingstruktur in verschiedenen Formen und auf verschiedenen Ebenen denkbar. Auf der Hand liegt, die ausländischen Beteiligungen über eine in- oder ausländische Zwischenholding an das inländische Mutterunternehmen anzubinden. Attraktiv könnte aber auch die Anbindung an eine neu zu errichtende in- oder ausländische Holding sein, an die auch das im Inland operativ tätige Unternehmen selbst angebunden wird. Die Rechtsform der Holdinggesellschaft ist dabei grundsätzlich frei wählbar. Die Wahl der Rechtsform ist an der Funktion, die die Holding übernehmen soll, und den strategischen Zielsetzungen auszurichten. Im Wesentlichen ist das Für und Wider zwischen der Organisation als Personengesellschaft einerseits und Kapitalgesellschaft andererseits gegeneinander abzuwägen. Im Einzelfall kann, vor allem für ertragsstarke Unternehmen, auch die Errichtung einer Stiftung als Holdinggesellschaft in Betracht kommen.
(2) Strategische Gesichtspunkte
In Abhängigkeit von dem Geschäftsmodell und den Zielsetzungen des Unternehmens können sowohl allgemeine strategische als auch wirtschaftliche Gründe für die Errichtung einer Holdingstruktur sprechen. Über eine Holdinggesellschaft lassen sich Ressourcen bündeln und effizienter einsetzen. Die Holding kann als Finanzierungsgesellschaft tätig werden und das Cashmanagement für die Gruppe übernehmen, wodurch sich die verfügbaren und benötigten Finanzmittel innerhalb der Gruppe austarieren und die Finanzierungskosten, insbesondere Zins-, Absicherungs- und Transferkosten, insgesamt senken lassen. Zudem kann über die Zwischenschaltung einer Holding in Form einer Kapitalgesellschaft eine Abschirmung von Haftungsrisiken erreicht werden, wenn die Tochtergesellschaften nicht bereits selbst als Kapitalgesellschaften organisiert sind.
(3) Familienstrategische Überlegungen
Auch und gerade familienstrategische Überlegungen können für die Errichtung einer übergeordneten inländischen Holdinggesellschaft sprechen. Die Holdingstruktur bietet sich nämlich insbesondere dafür an, die Unternehmensnachfolge zu regeln und dadurch die Kontinuität und den Fortbestand des Familienunternehmens sowie des Familienvermögens zu sichern. Sämtlichen Familienmitgliedern kann über die Holding eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung an dem Familienunternehmen verschafft werden. Während es für passive Familienmitglieder bei einer Gewinnbeteiligung bleibt, können im Unternehmen aktiv tätige Familienmitglieder durch Gehälter, zusätzliche Gewinnbezugsrechte und Mehrfachstimmrechte für ihren Einsatz angemessen entlohnt werden. Familienstreitigkeiten, vor allem Erbschaftsstreitigkeiten, lassen sich jedenfalls zu weiten Teilen von den operativen Geschäftseinheiten fernhalten, indem auf Holdingebene Schlichtungsmechanismen etabliert werden und der Nachfolgeprozess für alle Familienmitglieder transparent gemacht wird.
(4) Verwaltungs- und organisatorischer Mehraufwand
Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass die Errichtung einer Holdingstruktur bei einem bestehenden Familienunternehmen häufig mehrere Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich macht, die Ressourcen binden und Kosten verursachen. Abgesehen von diesem Einmalaufwand geht mit der Errichtung einer Holdingstruktur laufend ein höherer Verwaltungs- und Kontrollaufwand einher. Neben die Organe des jeweils eigenständigen Tochterunternehmens treten die Verwaltungsorgane der Holdinggesellschaft und es ergeben sich zusätzliche Buchführungs-, Rechnungslegungs- und Rechenschaftspflichten.
(5) Steuerliche Erwägungen
Sprechen die strategischen Erwägungen für die Errichtung einer Holdingstruktur, sollten flankierend steuerliche Überlegungen angestellt werden, die die rechtliche Umsetzung der Holdingstruktur zumeist beeinflussen. Die steuerlichen Risiken, die mit der anvisierten Struktur, aber auch mit der Umstrukturierung als solcher verbunden sind, sind sorgfältig zu ermitteln. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen steuerneutral umgesetzt werden können. Darüber hinaus sollten steuerliche Optimierungspotenziale identifiziert werden. Steuerliche Vorteile durch eine Holdingstruktur können sich für die laufende Ertragsbesteuerung, bei Beteiligungsveräußerungen und beim Vermögensübergang durch Erbschaft und Schenkung ergeben. In der Regel lassen sich steuerliche Vorteile aber nicht in allen Bereichen gleichzeitig erzielen und hängen maßgeblich von der Wahl der Rechtsform, des Standorts der Holding und den persönlichen Umständen und Zielsetzungen der Gesellschafter ab. Bei pauschaler Betrachtung dürfte aus steuerlichen Erwägungen viel für die Errichtung einer Kapitalgesellschaftsholding als Teil eines Kapitalgesellschaftskonzerns sprechen. Eine solche Struktur ist aber kein Patentrezept für ein Steuersparmodell, sondern ergibt vorrangig dann Sinn, wenn die von den operativen Einheiten erzielten Gewinne nicht (voll) ausgeschüttet und reinvestiert werden.
Die Holding stellt in jedem Fall ein attraktives Gestaltungsinstrument für mittelständische Familienunternehmen dar. Ob die Errichtung einer Holdingstruktur empfehlenswert ist, welche Vorteile für das einzelne Unternehmen damit verbunden sind und ob die Vorteile den Verwaltungsmehraufwand überwiegen, kann aufgrund der Komplexität und der Vielzahl an in die Abwägung einzustellender und sich gegenseitig beeinflussender Faktoren nur im Einzelfall beantwortet werden.
Erschienen in: DIE NEWS Oktober 2022
Für Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen Dr. Stefan Reuter und Sonja Ströhle gerne zur Verfügung.