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2023

Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten im Nachprüfungsverfahren

Im Nachprüfungsverfahren sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nur dann zu erstatten, wenn dessen Zuziehung notwendig war. Für diese Notwendigkeit gibt das Gesetz keine Regel vor. Nach dem Kammergericht Berlin (Verg 10/22) kann diese Frage deshalb nicht schematisch beantwortet werden; es sei stets eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalls gerecht wird. Dabei sei entscheidend, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falls auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten und erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder Rechtsverteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen. Abzustellen sei hierbei neben den Gesichtspunkten der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfolgen auch auf rein persönliche Umstände, wie die sachliche und personelle Ausstattung des Beteiligten. So ist beispielsweise relevant, ob der Beteiligte eine Rechtsabteilung oder andere Mitarbeiter hat, von denen erwartet werden kann, dass sie Fragen des Vergaberechts sachgerecht beantworten können. Wegen der Schwierigkeit des Vergaberechts und der Eilbedürftigkeit des Vortrags sei die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten allerdings nicht nur ausnahmsweise bei ungewöhnlichen Konstellationen als notwendig zu erachten. Ein Bieter könne nur bei einfachen Fällen mit ohne Weiteres zu beantwortenden Sach- und Rechtsfragen zweifelsfrei in der Lage sein, seine Position auch prozessual adäquat zu vertreten. Diese eher großzügige Herangehensweise entspricht der überwiegenden Rechtsprechung.

In dem zu entscheidenden Fall entschied das Kammergericht, dass die Antragstellerin für das Nachprüfungsverfahren einen Rechtsanwalt notwendigerweise beauftragen durfte. Obwohl die Antragstellerin Erfahrung im Bereich von öffentlich-rechtlichen Auftragsvergaben habe und sogar laut ihrem Internetauftritt einen "Ausschreibungsservice" anbiete, sei nicht ersichtlich, dass sie zugleich über die erforderlichen prozessualen Kenntnisse und qualifizierten Mitarbeiter verfüge, von denen erwartet werden kann, dass sie Fragen des Vergaberechts sachgerecht beantworten können. Für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten sprach in dem zu entscheidenden Fall auch eine Verfügung der Vergabekammer, mit der die Entscheidungsfrist für das Verfahren wegen der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten verlängert wurde.

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