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2021

EuGH zur Rechtsqualität aufsichtsbehördlicher Leitlinien und Empfehlungen

EuGH, Urteil vom 15.7.2021, Rs. C-911/19 (FBF/ACPR)  

Die Entscheidung des EuGH erging auf die Klage des französischen Bankenverbandes (FBF) gegen die Gültigkeit von Leitlinien der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Dieses Grundsatzurteil enthält zentrale Feststellungen zur Rechtsqualität von Leitlinien und Empfehlungen der EBA sowie zu Fragen des gerichtlichen Rechtsschutzes.

Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass von der EBA veröffentlichte Leitlinien und Empfehlungen gegenüber den Adressaten rechtlich nicht verbindlich sind. Das Gericht formuliert dazu plastisch, dass die Befugnis der EBA gemäß der VO (EU) 1093/2010 (EBA-VO) der Behörde nur erlaubt, „Anstöße zu geben und Überzeugungsarbeit zu leisten“. Der EuGH entscheidet weiter, dass die Frage der Gültigkeit dieser unverbindlichen behördlichen Mitteilungen zwar nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV), aber zulässiger Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH (Art. 267 AEUV) sein kann. Wichtig ist hierbei die gerichtliche Bewertung, dass dafür keine qualifizierte Betroffenheit des Klägers erforderlich ist.

Bewertung: Das Urteil klärt verbindlich die zuvor teilweise strittige Rechtsqualität von Leitlinien und Empfehlungen, die das BVerwG kürzlich explizit offengelassen hatte (BVerwG VersR 2021, 1214, 1218, Rn. 38). Damit steht zugleich die Unverbindlichkeit von Leitlinien und Empfehlungen der EOPA fest, da die entsprechenden Befugnisse für die EBA und die EIOPA identisch normiert sind. Die reduzierten Anforderungen an die Klagebefugnis eröffnen nun auch deutschen Versicherungsunternehmen die Möglichkeit, die Gültigkeit von Leitlinien und Empfehlungen der EIOPA durch den EuGH klären zu lassen.

Literaturhinweis: Ausführlich zum Rechtsschutz gegen Handlungen der EIOPA und der BaFin Hartig, in Bürkle (Hrsg.), Compliance in Versicherungsunternehmen, 3. Aufl. 2020, § 19 Rn. 94 ff.

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