Das EU-Vertriebskartellrecht besteht im Wesentlichen aus einer Gruppenfreistellungsverordnung (der sogenannten "Vertikal-GVO") und erläuternden Vertikalleitlinien. Nach diesen, zuletzt 2010 reformierten Vorschriften bestimmt sich innerhalb der EU die kartellrechtliche Zulässigkeit von Vertriebsverträgen und Lieferverträgen. Zwar ist die aktuelle Fassung der Vertikal-GVO noch bis zum 31.05.2022 gültig. Die Kommission hat aber bereits begonnen, die Wirkungsweise und Effektivität der Vertikal-GVO und der erläuternden Vertikalleitlinien zu evaluieren. Am Ende dieser Evaluation will die Kommission entscheiden, ob sie diese Regularien auslaufen lässt, verlängert oder aber überarbeitet, um neuen Marktentwicklungen seit Inkrafttreten Rechnung zu tragen.
Relevante Themen, die bislang nicht eindeutig geregelt sind, gibt es durchaus, so z. B. das Verbot von Drittplattformen im selektiven Vertrieb außerhalb des Luxussegments, Weiterverarbeitungsgebote in Lieferverträgen, die Einflussnahme auf Werbepreise von Händlern und diverse weitere Fragen des Internetvertriebs. Ein weiteres wichtiges Thema der Kommission wird sein, inwieweit Regelungsbedarf im Hinblick auf das Verhalten der sogenannten Tech-Giganten besteht, die anderen Unternehmen essenzielle Leistungen anbieten und gleichzeitig zu ihnen in Wettbewerb stehen.
Im 1. Quartal 2019 beginnt der erste Schritt eines öffentlichen Konsultationsprozesses der Kommission. Betroffene und interessierte Unternehmen, Kartellrechtsanwälte, Verbände, Akademiker, etc. werden für einen Zeitraum von zwölf Wochen die Möglichkeit haben, eigene Erfahrungen, Beobachtungen und Anregungen einzubringen, wie im EU-Kartellrecht vertikale Beschränkungen künftig geregelt werden sollen. Unternehmen sollten – gegebenenfalls gemeinsam mit ihren kartellrechtlichen Beratern – diese Gelegenheit nutzen, eigene Interessen hinsichtlich der kartellrechtlichen Bewertung von vertikalen Beschränkungen bei der Kommission zu hinterlegen.