Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B können Auftraggeber und Auftragnehmer einen neuen Einheitspreis für die über 10 % hinausgehende Überschreitung des im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Mengenansatzes verlangen. Der neue Preis orientiert sich an dem für die Leistung vereinbarten Einheitspreis und berücksichtigt die auf die Mehrmengen zurückzuführenden Mehr- und Minderkosten. Diese Grundsätze der Preisbildung hat das Oberlandesgericht Celle in einem Urteil vom 21.12.2017 bestätigt, gleichzeitig aber eine Ausnahme statuiert: Danach ist – losgelöst von der Kalkulation des Auftragnehmers – ein "fairer" neuer Preis zu vereinbaren, wenn sich der kalkulierte Preis als "unrealistisch" darstellt.
In dem entschiedenen Fall war die Entsorgung von Bauschutt mit einer Menge von 1 t ausgeschrieben, angefallen sind über 80 t. Angeboten hatte der Auftragnehmer einen Einheitspreis von 462 €/t, der Auftraggeber reduzierte den Einheitspreis für die Mehrmengen auf 109,88 €/t, über die Differenz stritten die Parteien. Zunächst stellt das Oberlandesgericht Celle in seinem Urteil klar, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Kalkulation für die streitige Position offenlegen muss, damit der Auftraggeber die Anpassung des Einheitspreises durchführen bzw. kontrollieren kann. Obwohl der Auftragnehmer unter anderem einen seiner Kalkulation zugrunde gelegten Nachunternehmer-Preis von rund 350 €/t nachweisen konnte, hat das Gericht diesen Preis im Ergebnis für die Mehrmengen nicht in Ansatz gebracht. Grund hierfür war, dass der Nachunternehmer weniger als 30 €/t für die Entsorgung abrechnete. Dieser, deutlich unter dem Nachunternehmer-Angebot liegende Abrechnungspreis ging nach Ansicht des Gerichts ausschließlich auf die Mehrmengen zurück. In Kenntnis der tatsächlichen Mengen hätte der Nachunternehmer dem Auftragnehmer und dieser dem Auftraggeber einen deutlich niedrigeren Einheitspreis angeboten. Nach Treu und Glauben müsse der Auftragnehmer den ursprünglichen "unrealistischen" Preis für die Mehrmengen anpassen und einen "fairen" Preis bilden. Diesen "fairen" Preis sah das Gericht unter Berücksichtigung des Nachunternehmer-Preises, eigener Kosten des Auftragnehmers und eines GU-Zuschlags bei 150 €/t.
Das Gericht schränkt die Möglichkeit des Auftragnehmers, einen großzügig kalkulierten Preis fortzuschreiben, über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sittenwidrigen Einheitspreisen hinaus, deutlich ein. Denn obwohl das Gericht eine Sittenwidrigkeit des Einheitspreises ausdrücklich verneint, nimmt es dem Auftragnehmer die Möglichkeit der Preisfortschreibung auf Basis der Kalkulation und verlangt nach einem "fairen" Preis. Die Entscheidung – gegen die Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt wurde – benachteiligt den Auftragnehmer, zumal sie keinen Ansatz für eine Preisanpassung "nach oben" in Fällen bietet, in denen der angebotene Einheitspreis unrealistisch niedrig ist.