Home › Wissen › Newsletterdetail › OLG Frankfurt/Main zur Geringwertigkeit von Sondervergütungen und zur Relevanz informeller Korrespondenz mit der BaFin
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.5.2021 - 6 U 81/20 ("50 € - Amazon Gutschein") - VersR 2021, 1544
Hintergrund des Urteils war die Klage eines Vermittlers gegen ein Versicherungsunternehmen wegen eines UWG-Verstoßes. Es ging um die Zuwendung eines Gutscheins im Wert von 50 € bei Abschluss einer Risikolebensversicherung mit Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren und Kündigungsmöglichkeit zum Ende des ersten Vertragsjahres. Das OLG gibt dem Kläger mit der Begründung Recht, dass für die Geringfügigkeitsgrenze nach § 48 Abs. 2 VAG ausnahmsweise erlaubter Zuwendungen alleine die vertragliche Mindestbindungsdauer und nicht die Vertragslaufzeit entscheidend ist.
Die Argumentation des Versicherungsunternehmens, dass die angegriffene Praxis Gegen-stand der Korrespondenz mit der BaFin gewesen sei, ändert aus Sicht des Gerichts nichts. Dazu führt das OLG aus: „Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde die angegriffenen Auslobung nicht behördlich legitimiert. Dafür reicht es nicht aus, dass die Beklagte mit der BaFin korrespondiert hat und diese bislang auf den Vorgang nicht zurückgekommen ist. Eine Entscheidung der BaFin in Gestalt eines Verwaltungsaktes mit Tatbestandswirkung liegt nicht vor.“
Bewertung: Die Entscheidung bringt Rechtsklarheit im Hinblick auf die Geringfügigkeits-grenze bei Zuwendungen und somit ein Stück rechtliche Sicherheit in einer der vielen strittigen Fragen im Kontext des Provisionsabgabeverbots. Wichtig ist zudem die gerichtliche Bewertung des vorgerichtlichen Schriftwechsels, die zeigt, dass durch eine rein informelle Korrespondenz eines Versicherungsunternehmens mit der BaFin und durch das unterbliebene Einschreiten der Behörde keine zivilrechtliche Rechtssicherheit erlangt werden kann.
Literaturhinweis: Zur umstrittenen Frage der Provisionsabgabe durch Versicherungsmakler zwecks Prämienreduzierung Bürkle, VersR 2021, 1201