Die Finanzierung und Förderung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durch Arbeitgeber sind gerade in Zeiten des Fachkräftemangels beliebte Mittel, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und stetige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Regelmäßig werden über den Inhalt und die Umstände einer arbeitgeberfinanzierten Fort- oder Weiterbildung Zusatzvereinbarungen getroffen. Inhaltlich übernehmen Arbeitgeber hierbei die volle oder teilweise Finanzierung – oftmals zusätzlich unter bezahlter Freistellung für den Besuch der Kurse – der Qualifizierungsmaßnahmen und erhoffen sich im Gegenzug eine langfristige Bindung des Arbeitnehmer-Know-Hows an das Unternehmen.
Eine solche Finanzierung ist aus Arbeitgebersicht jedoch nur sinnvoll, wenn von der Investition in die eigenen Mitarbeiter zumindest für einen gewissen Zeitraum profitiert werden kann. Daher wird in Weiterbildungsvereinbarungen üblicherweise eine Bindungsdauer vereinbart, während derer sich der Arbeitnehmer bereit erklärt, das Arbeitsverhältnis nicht zu beenden. Falls doch, soll er anteilig zur Rückzahlung der für die Fort- oder Weiterbildung aufgewendeten Kosten verpflichtet sein.
Bei Weiterbildungsvereinbarungen handelt es sich in den aller meisten Fällen um Allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb diese einer strengen Wirksamkeitskontrolle unterliegen. Insbesondere darf eine getroffene Vereinbarung nicht intransparent sein oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Mit Urteil vom 01.03.2022 haben die BAG-Richter eine weitere Hürde aufgestellt, die es Arbeitgebern erneut schwerer macht, durch wirksame Vertragsgestaltung eigene Mitarbeiter sinnvoll zu fördern.
Im Kern geht es zum einen darum, dass Arbeitnehmer nicht unangemessen lange an ein Arbeitsverhältnis gebunden werden dürfen, da die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 GG berührt ist. Zum anderen dürfen Arbeitnehmer nicht mit Kosten belastet werden, sofern der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus ihrer eigenen Sphäre stammt. Allerdings erlaubt es die Interessenlage bei arbeitgeberfinanzierten Fort- und Weiterbildungen, einen angemessenen Ausgleich zu schaffen. Sofern nach Beendigungsszenarien differenziert wird (keine Rückzahlungspflicht bei Beendigungstatbeständen aus der Arbeitgeber-Sphäre) und ein "Abschmelzen" des Rückzahlungsbetrags im Verhältnis zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, waren Bindungs- und Rückzahlungsklauseln bislang von der Rechtsprechung als zulässig erachtet worden.
Im nun vom BAG entschiedenen Fall hatte eine Arbeitnehmerin innerhalb des "Rückzahlungsstaffel-Zeitraums" das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet. Daher nahm der Arbeitgeber diese anteilig - entsprechend der getroffenen Vereinbarung - auf Rückzahlung einer finanzierten Fortbildung in Anspruch. Obwohl die Arbeitnehmerin allein aus freier Entscheidung gekündigt hatte, scheiterte der Arbeitgeber auch in letzter Instanz mit seiner Klage, da die Rückzahlungsklausel AGB-rechtlich unwirksam war. Die zugrundeliegende Klausel lautete:
"[…] Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.
Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag.
Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrags erlassen. […]"
Diese Klausel verstößt nach Ansicht des BAG gegen § 307 BGB, da sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmerin führe. Die Richter begründen dies damit, dass eine weitere ausdrückliche Ausnahme von der Rückzahlungspflicht hätte konkret vorgesehen werden müssen: Die unverschuldete Eigenkündigung der Arbeitnehmerin aufgrund dauerhafter Leistungsunfähigkeit. Eine Rückzahlungsklausel sei nämlich dann unangemessen benachteiligend, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer aufgrund dauerhaft unverschuldeter Unmöglichkeit der Leistungserbringung kündigt, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet.
Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass die Arbeitnehmerin überhaupt nicht leistungsunfähig war, sondern aus anderen Gründen gekündigt hatte. Allein der Umstand, dass diese (weitere) Einschränkung der Rückzahlungspflicht nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart war, führte zur Gesamtunwirksamkeit der Klausel. Denn im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist es irrelevant, ob im Einzelfall überhaupt die Voraussetzungen für einen Ausnahmetatbestand vorliegen.
In Zukunft muss in Weiterbildungsvereinbarungen, die eine gewisse Bindungsdauer und eine (gestaffelte) Rückzahlungspflicht vorsehen noch detaillierter zwischen den Beendigungsszenarien differenziert werden. Nunmehr ist also auch eine personenbedingte, unverschuldete Eigenkündigung des Arbeitnehmers als Beendigungstatbestand aufzunehmen, bei welchem die Rückzahlungspflicht entfällt. Denkbar wäre es auch, künftig nur die Fälle positiv zu regeln, in denen eine Rückzahlungspflicht begründet wird – nämlich dann, wenn die vorzeitige Beendigung ausschließlich in die Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitnehmers fällt.
Wie viele Hürden das BAG dem AGB-Hürdenlauf in arbeitsrechtlicher Vertragsgestaltung noch hinzufügen will, ist nicht vorherzusehen. Ein Großteil der bereits bestehenden Vereinbarungen wird jedenfalls an dieser Hürde scheitern und das gestalterische Vertragsziel nicht erreichen.