Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Beschluss vom 20.02.2019 mit der Frage beschäftigt, ob sich die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Kindes im Rahmen des Elternunterhalts durch einen möglichen Rückforderungsanspruch der zuvor verschenkten, selbst genutzten Immobilie erhöht. Der Sozialhilfeträger machte aus übergegangenem Recht Anspruch auf Elternunterhalt für die Zeit von Mai 2017 bis November 2017 geltend. Das zum Unterhalt verpflichtete Kind war verheiratet und bezog Renteneinkünfte. Die Ehegatten bewohnten eine Eigentumswohnung, die ihnen je hälftig gehörte. Im Oktober 2014 übertrugen sie die Eigentumswohnung schenkweise auf ihre Tochter und behielten sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Die Beteiligten stritten vor allem um die Frage, ob von den Ehegatten zu verlangen ist, dass sie die Schenkung zurückfordern, um daraus in erweitertem Umfang Elternunterhalt leisten zu können. Der Bundesgerichtshof verneinte dies und erklärte, dass Unterhalt lediglich in dem Umfang geschuldet sei, wie er sich aus den Einkommensverhältnissen der Ehegatten einschließlich Wohnvorteil errechnet. Der Einsatz von Vermögen wird nicht gefordert. Für eine Zurechnung von - fiktiven - Erlösen aus einer Vermögensverwertung fehle es hier an einer rechtlichen Grundlage.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs beeinträchtigte die Schenkung nicht die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Kindes. Denn hinsichtlich des Miteigentumsanteils an der selbst genutzten Eigentumswohnung traf dieses neben der bestehenden Nutzungsobliegenheit keine Obliegenheit zur Vermögensverwertung. Die Nutzungen kamen den Eheleuten auch nach der Schenkung in Form von Gebrauchsvorteilen weiterhin ungeschmälert zugute. Sie waren durch den Nießbrauch dinglich gesichert, was bei der Unterhaltsberechnung als Einkommen berücksichtigt wurde.
Nur ausnahmsweise kann der Erlös aus der Veräußerung einer ursprünglich dem unterhaltsrechtlichen Schonvermögen zuzuordnenden Immobilie unterhaltsrechtlich einsetzbares Vermögen darstellen, wenn der Erlös hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Vermögensverwertung anderen Kriterien unterliegt als die veräußerte Immobilie. Das konnte im vorliegenden Fall aber schon deswegen nicht gelten, weil das unterhaltsverpflichtete Kind sich im Gegenzug zur Schenkung ein dingliches Nutzungsrecht vorbehalten hatte und die Immobilie gemeinsam mit seiner Ehefrau unverändert für eigene Wohnzwecke nutzte. Durch den Vollzug der Schenkung hatte sich mithin die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht vermindert, außerdem ist das Kind nach wie vor auf die ihm verbliebene Nutzungsbefugnis angewiesen. Mit dem Ziel der Erhöhung des Elternunterhalts kann im Ergebnis die Rückforderung also ebenso wenig verlangt werden wie etwa eine Beleihung der Immobilie mithilfe eines zinslosen und erst im Todesfall (von den Erben des Unterhaltspflichtigen) rückzahlbaren Darlehens des Sozialhilfeträgers.