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21.11.2023

Bestand über Generationen hinweg: mit modernem Gesellschaftsvertrag die Zukunft meistern


Familiengesellschaften sind in der Praxis in nahezu jeder Rechtsform anzutreffen und unterscheiden sich in ihrer tatsächlichen Ausprägung stark. Doch alle verbindet insbesondere der Wille des Gründers beziehungsweise der Unternehmerfamilie, die Firma langfristig auch mit den nachfolgenden Generationen als Familienunternehmen fortzuführen. Dazu braucht es nicht nur eine entsprechende Nachfolgestrategie und ein Bekenntnis zum Familienunternehmen, sondern auch eine passende Ausgestaltung des Gesellschaftervertrags.

Egal ob inhabergeführte Kleinfirma, in der alle Familienmitglieder im Unternehmen mitarbeiten oder international agierender Familienkonzern – alle Familienunternehmen sollten gewissen Standards typischer Regelungen Beachtung schenken, die den Notwendigkeiten und Bedürfnissen eines Familienunternehmens und der dahinterstehenden Unternehmerfamilie Rechnung tragen. Nachfolgend werden einige Regelungen skizziert, die rechtsformübergreifend regelmäßig in Gesellschaftsverträgen von Familienunternehmen enthalten sind. Die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, der die Rechte und Pflichten der Gesellschafter und der Gesellschaftsorgane verbindlich festlegt, hängt jedoch von den individuellen Bedürfnissen der konkreten Unternehmerfamilie ab. Hier verbieten sich schematische Lösungen, erforderlich sind stets eine sorgfältige und individuelle Analyse der Interessenlage der Unternehmerfamilie und das Erarbeiten maßgeschneiderter Lösungen.

Die Wahrung des Familiencharakters

Ein wichtiges Gestaltungsziel ist es regelmäßig, den Charakter als Familienunternehmen zu bewahren und den Gesellschafterkreis auf die Familie zu beschränken. Um dieses Ziel zu erreichen, können gesellschaftsvertragliche Regelungen getroffen werden, die die Übertragung, aber auch die Vererbung der Gesellschaftsanteile im Ergebnis auf Familienmitglieder begrenzen. Die Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile kann durch sogenannte Vinkulierungsklauseln beschränkt werden. So lässt sich etwa regeln, dass die Übertragung der Gesellschaftsanteile an familienfremde Dritte gar nicht oder nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist. Daneben muss sichergestellt sein, dass Gesellschaftsanteile auch im Fall des Todes eines Gesellschafters nicht an familienfremde Dritte fallen können. Dies kann durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag sichergestellt werden, die entweder die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils insgesamt beschränken, oder – wenn das wie etwa im Falle von Aktien oder GmbH Geschäftsanteilen nicht möglich ist – Regelungen über das Schicksal des vererbten Gesellschaftsanteils treffen. Regeln lässt sich zum Beispiel auch, dass nur Familienmitglieder als Erben auch Gesellschafter bleiben können und sonstige Erben verpflichtet sind, den Gesellschaftsanteil zu übertragen. Kommt der Erbe der Pflicht zur Abtretung nicht nach, kann auch die Einziehung des Gesellschaftsanteils beziehungsweise der Ausschluss des Erben aus der Gesellschaft geregelt werden. Hierbei ist dringend darauf zu achten, dass auch die individuelle Nachfolgeplanung jedes Gesellschafters und seine testamentarischen Anordnungen (etwa Erbeinsetzung, Testamentsvollstreckung und Vermächtnisanordnungen) auf den Gesellschaftsvertrag abgestimmt werden.

Wahrung des Einflusses der Unternehmerfamilie

Weiteres zentrales Gestaltungsziel ist häufig die Sicherung des Einflusses der Unternehmerfamilie auf die Gesellschaft. Sieht die Rechtsform der Familiengesellschaft nicht schon aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einen Aufsichtsrat vor – dies ist etwa bei Aktiengesellschaften oder mitbestimmten Gesellschaften der Fall –, können mit Familienmitgliedern besetzte Beratungs- oder auch Kontrollgremien in Gestalt eines Aufsichtsrats, Beirats oder Gesellschafterausschusses geschaffen werden, um den Einfluss der Familie sicherzustellen. Das mit Familienmitgliedern besetzte Gremium kann rein beratende Funktion haben; ihm können aber auch Kontroll- oder Entscheidungsbefugnisse übertragen werden. Die konkrete Ausgestaltung hängt auch davon ab, ob Familienmitglieder Teil der Geschäftsführung sind oder ob die Leitung des Familienunternehmens auf familienfremde Dritte übertragen wurde und das freiwillig geschaffene Gremiu den Einfluss auf die Geschäftsführung und eine Unternehmenspolitik im Sinne der Unternehmerfamilie sicherstellen soll.

Familieninterne Regelungen festlegen

Häufig sind auch Regelungen erforderlich, die die Interessen verschiedener Familienstämme in Ausgleich bringen. So kann geregelt werden, dass Mitglieder eines Familienstamms ihr Stimmrecht nur einheitlich ausüben dürfen oder jeweils einen gemeinsamen Bevollmächtigten zur Ausübung ihrer Gesellschafterrechte bestimmen müssen. Darüber hinaus können einzelnen Familienstämmen oder auch einzelnen Familienmitgliedern besondere Rechte eingeräumt werden. Das ist entweder in Bezug auf Vermögensrechte – etwa durch Gewährung einer Vorzugsdividende – oder auf die gesellschaftsinterne Willensbildung und Entscheidungsfindung möglich. Bei Letzterem können etwa Mehrstimmrechte, Vetorechte oder einzelnen Stämmen oder Familienmitgliedern Sonderrechte zur Besetzung von Organen eingeräumt werden.

Finanzielle Unabhängigkeit erhalten

Um als Familienunternehmen am Markt und mit Blick auf die vielseitigen Herausforderungen der Zukunft auch finanziell schlagkräftig und flexibel bleiben zu können, bedarf es unter dem Gesichtspunkt der Selbstfinanzierung des Unternehmens gesellschaftsvertraglicher Regelungen, die einen übermäßigen Kapitalabfluss aus der Gesellschaft verhindern. Die Gefahr eines mitunter erheblichen Kapitalabflusses besteht insbesondere dann, wenn Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden und hierfür abzufinden sind. Da zur Finanzierung dieser Abfindungsansprüche häufig weder auf Gesellschafter- noch auf Gesellschaftsebene ausreichende liquide Mittel vorhanden sind, empfiehlt sich eine Beschränkung des Abfindungsanspruchs. Diese sollte für sofortige Zahlung eines Betrags gelten, der dem wirtschaftlichen Wert des vom ausscheidenden Gesellschafter gehaltenen Anteils entspricht. So kann die Abfindung etwa auf eine bestimmte Quote des Verkehrswerts beschränkt sein, wobei jedoch rechtliche Grenzen zu beachten sind: Die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung einer Abfindung, die im Vergleich zum tatsächlichen Wert des Gesellschaftsanteils unangemessen niedrig ist, ist in der Regel unwirksam. Zur Schonung der Liquidität kann auch geregelt werden, dass die Abfindung in mehreren Jahresraten zu bezahlen ist.
Daneben empfiehlt sich häufig – auch im Hinblick auf den gewünschten dauerhaften Bestand des Unternehmens – die Einschränkung der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit der Gesellschafter, etwa durch eine Mindestbefristung des Gesellschaftsvertrages oder längere Kündigungsfristen. Schließlich bedarf es Regelungen über die Thesaurierung der Gewinne, Gewinnausschüttung sowie Entnahmebeschränkungen, um die erwirtschafteten Mittel in der Gesellschaft zu behalten. Hierbei ist stets ein Ausgleich zwischen dem Ziel der Selbstfinanzierung der Gesellschaft sowie den finanziellen Bedürfnissen der Gesellschafter herzustellen, auch mit Blick auf deren persönlichen Steuerlast, die mit ihrer Beteiligung am Unternehmen verbunden ist.

Erschienen in DIE NEWS, Fachzeitschrift für Familienunternehmen, November 2023.


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