Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt oder Ingenieur ist nicht bereits originär, sprich allein aufgrund des geschlossenen Architekten- oder Ingenieurvertrags, bevollmächtigt, im Namen des Auftraggebers Verträge, insbesondere Nachträge, abzuschließen. Hierzu bedarf es einer gesonderten Vollmacht. Ist diese nicht ausdrücklich erteilt, kann sie sich aus den allgemeinen Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht ergeben. Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Auftraggeber auf die fehlende Vertretungsmacht nicht berufen, wenn er schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat und der Auftragnehmer deshalb von einer Bevollmächtigung ausgehen durfte. Dies kommt regelmäßig in Betracht, wenn der Auftraggeber das Verhalten des für ihn auftretenden Bauleiters kennt und duldet. Das stellte das OLG Frankfurt (22 U 99/17) klar und bejahte die Anscheinsvollmacht für vom Bauleiter beauftragte Abbrucharbeiten, weil der Bauleiter an allen Baubesprechungen teilgenommen hatte, er bereits zuvor andere Abbrucharbeiten in Auftrag gegeben hatte und die Durchführung der Abbrucharbeiten für den Auftraggeber kurzfristig notwendig war, um Zuschüsse der Stadt nicht zu verlieren.
Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall und lässt sich nicht verallgemeinern. Grundsätzlich ist die Rechtsprechung mit der Bejahung einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zurückhaltend. Architekten und Ingenieure sollten deshalb stets auf eine ausdrückliche Vollmachtserteilung achten.