HONORARRECHT
Kaum Klärung durch den EuGH
Wer meinte, mit der Entscheidung des EuGH zur Europarechtswidrigkeit der von der HOAI vorgegebenen Mindest- und Höchstsätze sei der Umgang mit dem öffentlich-rechtlichen Preisrecht für Architekten- und Ingenieurleistungen endgültig geklärt, sieht sich von den Gerichten eines besseren belehrt (siehe hierzu die nachfolgenden Beiträge). Umstritten ist insbesondere, ob die Entscheidung des EuGH ab sofort auf die bestehenden oder künftigen Honorarvereinbarungen durchschlägt oder hierfür erst die Tätigkeit des Gesetzgebers erforderlich ist.
OLG Hamm: HOAI-Mindestsatz bleibt anwendbar
In einer aktuellen Entscheidung urteilte das OLG Hamm (21 U 24/18), dass trotz des Urteils des EuGH zur europarechtswidrigen Anwendung der HOAI-Mindestsätze diese trotzdem anwendbar bleiben. Das EuGH-Urteil binde nur die Mitgliedsstaaten, welche eigene Maßnahmen treffen müssen, um die europarechtswidrigen Zustände zu beseitigen.
KG: HOAI-Mindestsatz bleibt anwendbar
Entgegen der Ansicht des OLG Celle vertritt auch das KG (21 U 20/19), dass in Zivilrechtsstreitigkeiten zwischen Parteien das HOAI-Mindestpreisgebot weiter anzuwenden ist.
HOAI-Mindestsatz stellt weiterhin übliche Vergütung dar
Durch das EuGH-Urteil vom 04.07.2019 (C-377/17) wurde die Anwendung des HOAI-Mindestsatzes nach § 7 Abs. 1 HOAI für europarechtswidrig erklärt. Das LG Hamburg (321 O 288/17) bestätigte in jüngster Entscheidung, dass bei Nichtanwendung der HOAI-Mindestsätze keine vertragliche Vergütung vereinbart sei und daher auf die übliche Vergütung des BGB-Werkvertragsrechts abzustellen ist.
Einzelhonorarabrechnung für jedes Gebäude
Umfasst der Auftrag eines Architekten mehrere Gebäude, so ist das Honorar für jedes Gebäude getrennt zu berechnen. Dieses Recht zur getrennten Abrechnung hat das OLG Hamburg nun erneut bestätigt (6 U 203/13).
JVA ist (angeblich) nur ein Gebäude
Maßgeblich für eine HOAI-konforme Abrechnung ist (grundsätzlich auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019) die Einteilung des Planungsgegenstandes in Objekte i. S. v. § 2 Abs. 1 HOAI. Bedeutung für die Honorarhöhe erlangt dies durch die Degression der Honorartafelwerte: Eine Aufteilung der anrechenbaren Kosten führt zu einem höheren Honoraranspruch als bei einer Addition der anrechenbaren Kosten. Grundsätzlich sind die Honorare für jedes Objekt getrennt zu ermitteln (§ 11 Abs. 1 HOAI).
Das OLG Celle kam nun zu der Erkenntnis, dass eine Justizvollzugsanstalt aus zehn baulich eng miteinander verzahnten Gebäuden bzw. Gebäudeteilen ein Gebäude bzw. ein Objekt i. S. v. § 22 Abs. 1 HOAI 1996 (§ 11 Abs. 1 HOAI 2013) darstellt (14 U 29/15).
HAFTUNGSRECHT
Bauleitender Architekt nur sekundär verkehrssicherungspflichtig
Auf einer Baustelle ist in erster Linie der einzelne Bauunternehmer verkehrssicherungspflichtig. Er hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen. Den Bauherrn sowie einen von ihm mit der Bauleitung beauftragten Architekten trifft lediglich eine sog. sekundäre Verkehrssicherungspflicht. Sie haften nur dann, wenn es entweder Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Unternehmer nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist oder wenn sie Gefahrenquellen erkannt haben oder diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihnen obliegenden Sorgfalt hätten erkennen können.
VERTRAGSRECHT
Der Auftragnehmer ist Herr der Mängelbeseitigung
Das OLG Nürnberg (2 U 1219/16) bestätigt aktuell, dass der Auftragnehmer nur dazu verurteilt werden kann, den geschuldeten Zustand herzustellen. Dies umfasst auch die Beseitigung von Mängeln an Bauwerken. Auf welchem technischen Weg der Auftragnehmer den geschuldeten Zustand herstellt, bleibt diesem selbst überlassen, solange die Ausführung fachgerecht und nachhaltig ist.
Auch DIN-konforme Ausführungen können mangelhaft sein
Im vorliegenden Fall wurde eine Außenwandabdichtung mittels einer Kombinationslösung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung gegen aufstauendes Sickerwasser DIN-konform ausgeführt. Laut dem OLG Celle (12 U 73/18) kann jedoch auch eine DIN-konforme Ausführung gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen und insoweit die von den DIN-Normen ausgehende Vermutungswirkung, dass die anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden, widerlegen.
Schweigen des Auftragnehmers bindet an Übernahme von Mehrkosten
Im vorliegenden Fall führte der Auftragnehmer planwidrig sein Gewerk aus, woraufhin ihm der Auftraggeber in einer gemeinsamen Baubesprechung freistellte, die Mehrkosten für die planmäßige Ausführung zu tragen oder er das Gewerk selbst in planmäßigen Zustand zu versetzen. Hier muss der Auftragnehmer widersprechen, wenn er eine der genannten Alternativen nicht wünscht.
VERGABERECHT
Nachunternehmerwechsel erfordert keine Neuausschreibung
Treten ursprünglich im Vertrag nicht vorgesehene Änderungen auf, ist der öffentliche Auftraggeber zur Neuausschreibung des Auftrages verpflichtet. Gleiches gilt, wenn es zu Änderungen kommt, die keine gesetzliche Grundlage haben oder wesentliche Bestandteile, wie Leistungsspektrum, den Preis oder eine Leistungserweiterung des Auftrages betreffen. Allein der Wechsel eines Nachunternehmers begründet jedoch nach einem Beschluss des VK Bund (VK 2-34/19) keine Pflicht, eine neue Ausschreibung vorzunehmen. Dies gilt insbesondere, wenn der ursprüngliche Vertrag eine ausdrückliche Regelung zur Beauftragung von Nachunternehmern beinhaltet und der Wechsel von der Zustimmung des Auftragsgebers abhängig gemacht wird.
Bieter darf sich nicht übernehmen
Werden mehrere Lose ausgeschrieben und es bewirbt sich ein Bieter auf alle ausgeschriebenen Lose, muss er in der Lage sein, jedes einzelne dieser Lose im Falle des Zuschlags auch abarbeiten zu können.