Öffentliche Auftraggeber haben die Bindefrist für Angebote nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen festzusetzen und müssen sie dabei so kurz wie möglich bemessen. Sie darf nicht länger sein, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote benötigt. Als Regelfrist sieht die VOB/A eine Frist von 60 Kalendertagen vor. In einem Fall, den die Vergabekammer Südbayern (3194.Z3-3_01-22-29) zu entscheiden hatte, überschritt die ausschreibende Stadt diese Regelfrist deutlich und bestimmte eine Bindefrist von 138 Tagen. Als Begründung führte sie an, dass nach ihren internen Richtlinien die submittierten Bauleistungen erst nach erteilter Ausführungsgenehmigung durch den Stadtrat vergeben werden dürften und für die Erstellung der Beschlussvorlage wenigstens zehn Wochen benötigt würden. Außerdem benötige die Stadtratbefassung eine Vorlaufzeit von mindestens drei Wochen. Die Vergabekammer Südbayern sah darin keine hinreichende Begründung, die Regelbindefrist von 60 Tagen (so deutlich) zu überschreiten. Sie gab deshalb einem entsprechenden Nachprüfungsantrag eines Bieters statt und stellte fest, dass die Stadt den ihr zustehenden Ermessungsspielraum überschritten habe, indem sie die Interessen der Bieter an einer möglichst kurzen Beschränkung ihrer Dispositionsfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt habe. Auch für größere Kommunen sei eine Überschreitung der Regelbindefrist nur im Ausnahmefall zulässig. Je länger die Regelfristen überschritten werden, umso höher seien die Anforderungen an eine Begründung. Vorliegend hätte die ausschreibende Stadt bei der Planung ihrer Abläufe und ihrer Genehmigungsfassung einen Weg finden müssen, die Regelfrist einzuhalten, jedenfalls aber nicht um das Doppelte zu überschreiten.
Die Entscheidung ist, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell steigenden und schwer kalkulierbaren Materialpreise, zu begrüßen.
Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen Markus Kitzenmaier gerne zur Verfügung.