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2023

Auftragswertschätzungen müssen aktuell sein!

Die Schätzung des Auftragswerts durch den öffentlichen Auftraggeber ist vergaberechtlich von entscheidender Bedeutung: So entscheidet sich nach der Schätzung des Auftragswerts, ob der sog. Schwellenwert erreicht wird und daher ein europaweites Kartellvergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB durchzuführen ist oder ob eine nationale Ausschreibung genügt.

In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 06.04.2022 entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber einen Zweijahresvertrag über Dienstleistungen national ausgeschrieben. Den Auftragswert hatte der Auftraggeber dabei auf netto 200.000,00 € geschätzt und sich dabei an einem einjährigen Vorauftrag mit einem Auftragsvolumen von netto 100.000,00 € orientiert. Die allgemeine Kostensteigerung sollte nach Auffassung des Auftraggebers zu keiner Preiserhöhung führen, da Kostensteigerungen durch die zweijährige Laufzeit und damit verbundene organisatorische Wiederholungen kompensiert werde. Nachdem der Zuschlag erteilt wurde, griff ein unterlegener Bieter das Vergabeverfahren vor der Vergabekammer an. Während die Vergabekammer sich für unzuständig hielt, da der Schwellenwert nicht erreicht sei, stellt das Oberlandesgericht die Unwirksamkeit der Zuschlagserteilung fest und verpflichtet den Auftraggeber, ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften des 4. Teils des GWB durchzuführen. Denn tatsächlich werde der Schwellenwert durch den Zweijahresvertrag deutlich überschritten, da der Auftraggeber bei der Auftragswertschätzung nicht nur den Vorauftrag habe berücksichtigen dürfen. Vielmehr hätte auch ein bei der Abwicklung dieses Vorauftrags erteilter Nachtrag wegen eines angefallenen Mehraufwands in die Kostenschätzung einfließen müssen, da dieser Mehraufwand auch beim ausgeschriebenen Vertrag zu erwarten war. Außerdem hätte der Auftraggeber bei seiner Kostenschätzung nachvollziehbar darstellen müssen, welche konkreten organisatorischen Veränderungen und Ersparnisse mit der zweijährigen Laufzeit verbunden sein sollen.

Die Entscheidung zeigt die Relevanz, die einer aktuellen und ordnungsgemäßen Auftragswertschätzung insbesondere dann zukommt, wenn sich der voraussichtliche Auftragswert knapp unter oder über den Schwellenwerten bewegt. In diesen Fällen sollte der sichere Weg beschritten und die zu beschaffende Leistung europaweit ausgeschrieben werden. 

Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen unser Vergaberecht-Team gerne zur Verfügung.

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