HomeWissenNewsletterdetailBundeskartellamt äußert Zweifel an Zulässigkeit der 50+1-Regel der DFL
2021

Bundeskartellamt äußert Zweifel an Zulässigkeit der 50+1-Regel der DFL

Nach mehr als drei Jahren hat das Bundeskartellamt am 31.05.2021 seine vorläufige Einschätzung zur sogenannten 50+1-Regel der Deutschen Fußballliga (DFL) veröffentlicht. Die "50+1-Grundregel" sieht vor, dass bei als Kapitalgesellschaft organisierten Fußballclubs der jeweilige „Mutterverein″ mehr als 50 % der Stimmrechte halten muss. Dazu gibt es eine Ausnahmeregel, der zufolge durch Beschluss des DFL-Präsidiums von der Grundregel abgewichen werden darf, wenn ein Investor den Fußballsport des Muttervereins seit mehr als 20 Jahren erheblich gefördert hat ("Lex Leverkusen").

Das Bundeskartellamt bewertet die 50+1-Regel als Wettbewerbsbeschränkung. Es gehe derzeit aber davon aus, dass die Grundregel legitime Ziele verfolge und deshalb von den kartellrechtlichen Verbotstatbeständen ausgenommen sein könne. Als legitime Ziele führt das Bundeskartellamt vor allem die Sicherung eines vereinsgeprägten Wettbewerbs sowie der Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs an. Insofern halte es die Grundregel grundsätzlich auch für geeignet und angemessen. Mit Blick auf die Ausnahmeregelung bestehen beim Bundeskartellamt jedoch Zweifel an der Eignung der Regelung zur Verfolgung der legitimen Ziele, sodass in einer Gesamtbetrachtung des derzeitigen Regelungskonstrukts eine unverhältnismäßige Wettbewerbsbeschränkung vorliege.

Wie es mit der 50+1-Regel weitergehen wird, bleibt offen. Das Bundeskartellamt hat die DFL und die beigeladenen Clubs und Investoren nun um Stellungnahme gebeten. Zwar ist die vorläufige Bewertung des Bundeskartellamts für die zahlreichen Befürworter der 50+1-Regel eine positive Nachricht. Das letzte Wort ist damit aber sicher nicht gesprochen. Die DFL muss nun die anspruchsvolle Aufgabe lösen, das Regelungskonstrukt kartellrechtskonform anzupassen und dabei den divergierenden Interessen ihrer Mitglieder gerecht zu werden. Die bloße Streichung der Ausnahmeregelung wird keine realistische Option sein, da einzelne Clubs seit Jahrzehnten von ihr profitieren. Selbst wenn die DFL eine auch für das Bundeskartellamt akzeptable Lösung findet, bleibt unsicher, ob diese auf Dauer Bestand haben würde. Denn grundsätzlich hindert die positive Bewertung des Bundeskartellamts Clubs und Investoren nicht, die Klausel vor einem Zivilgericht anzugreifen, das an die Bewertung des Bundeskartellamts nicht gebunden ist.

Ob ein Zivilgericht der noch vorläufigen, großzügigen Bewertung des Bundeskartellamts dann folgen würde, ist ungewiss. Zum einen hat sich die Rechtsprechung bislang nicht mit der angeführten Vereinsprägung als legitimen Ziel auseinandergesetzt. Zum anderen erscheint es von außen betrachtet zumindest zweifelhaft, dass die 50+1-Grundregel tatsächlich geeignet ist, um einen vereinsgeprägten bzw. ausgeglichenen Wettbewerb zu fördern: Ob durch die gewollte Vereinsprägung tatsächlich "breiten Bevölkerungsschichten die Möglichkeit [eröffnet wird], durch die Mitgliedschaft in einem Verein dessen Geschicke mitzubestimmen und somit am Bundesligageschehen auch über die Stellung als Konsument hinaus teilzuhaben", ist in Anbetracht des Umgehungskonstrukts RB Leipzig sowie der bei mehreren Clubs zu beobachtenden faktischen Abhängigkeiten von Investoren fraglich. Gleiches gilt – insbesondere mit Blick auf die Vormachtstellung des FC Bayern und das generell bestehende finanzielle Ungleichgewicht innerhalb der Liga – für die Annahme, die 50+1-Regel sei geeignet, die wettbewerbliche Ausgeglichenheit innerhalb der DFL zu fördern. In einem Zivilrechtsstreit obläge es der DFL, eine Ausnahme von den kartellrechtlichen Verbotstatbeständen darzulegen und zu beweisen.

Rechtsgebiete

NEWSLETTER

linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram