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2019

Einführung eines neuen Unternehmensstrafrechts zeichnet sich ab

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den mit Spannung erwarteten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität vorgelegt. Der Entwurf sieht bei verbandsbezogenen Straftaten neben der Verfolgung von Einzeltätern eine selbstständige Verfolgung des Unternehmens vor. Letztere soll anders als bislang nicht mehr im Ermessen der Strafverfolgungsbehörden liegen (Opportunitätsprinzip), sondern zwingend sein (Legalitätsprinzip). Das neue Gesetz soll auf juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, nicht rechtsfähige Vereine sowie rechtsfähige Personengesellschaften anwendbar sein.

Anknüpfungspunkt für die Sanktionierung des Unternehmens soll nach dem Entwurf des Verbandssanktionengesetzes entweder die verbandsbezogene Straftat einer Leitungsperson selbst oder einer anderen Person des Unternehmens sein, wenn eine Leitungsperson die Straftat durch angemessene Vorkehrungen nicht verhindert oder wesentlich erschwert hat. Als Verbandsstraftat sollen alle Taten gelten, durch die Pflichten des Unternehmens verletzt werden oder durch die der Verband bereichert wird/werden soll. Hierzu zählen insbesondere Korruption, Steuerhinterziehung, Betrug und Geldwäsche. Auch Auslandstaten könnten, wenn das Unternehmen seinen Sitz im Inland hat, sanktioniert werden.

Als mögliche Sanktionen sieht der Entwurf die Verbandsgeldsanktion, die Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt („auf Bewährung“) und in besonders schweren Fällen sogar die Verbandsauflösung vor. Bei einer großen Zahl von Geschädigten soll zudem die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung erfolgen; aufgrund ihrer erheblichen "Prangerwirkung", die über das zur Generalprävention notwendige Maß hinausgeht, wird dieses sogenannte "naming and shaming" heftig kritisiert. Die maximale Höhe der Verbandsgeldsanktion soll grundsätzlich – wie nach geltender Rechtslage – bei vorsätzlichen Taten bis zu 10 Mio. € betragen. Für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. € innerhalb der letzten drei Jahre soll hingegen eine Verbandsgeldsanktion bis zu 10 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes verhängt werden können. Bei als wirtschaftliche Einheit operierenden Verbänden soll der Konzernumsatz maßgeblich sein. Kritiker halten insbesondere die Höhe der Sanktionen für unverhältnismäßig. In einem Gegenentwurf fordern sie Geldstrafen von maximal 200 Mio. € und verlangen, nur Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder 10 Mio. € Jahresumsatz zu erfassen.

Bei der Bemessung der Sanktion sollen beiden Entwürfen zufolge das vorhandene Compliance-System, Verbesserungen dieses Systems in Folge einer Tat sowie Aufklärungsbemühungen und die Wiedergutmachung des Schadens von Relevanz sein. Auch interne Untersuchungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sollen bei der Sanktionsbemessung Berücksichtigung finden und können zu einer Sanktionsrahmenverschiebung bis zur Hälfte des vorgesehenen Höchstmaßes führen. Eine Verbandsauflösung und die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung sollen dann ausgeschlossen sein. Zudem kann die Sanktion durch einen bloßen (gerichtlichen) Sanktionsbescheid verhängt werden; d. h. eine öffentliche Hauptverhandlung und hierdurch bedingte Reputationsschäden können vermieden werden. 

In Anbetracht dieser umfassenden Neuregelungen sind Unternehmen bereits jetzt gut beraten, das Vorhandensein eines funktionierenden Compliance-Systems sicherzustellen und Anhaltspunkten auf mögliche Pflichtverstöße durch Mitarbeiter umfassend nachzugehen.

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