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11.10.2023

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)


Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat im August dieses Jahres seine Handreichung zur Anwendung des LkSG auf die Kredit- und die Versicherungswirtschaft veröffentlicht. Die Rechtsgrundlage für solche Publikationen des BAFA bildet § 20 LkSG, der die Veröffentlichung branchenspezifischer „Informationen, Hilfestellungen und Empfehlungen“ zur Einhaltung des LkSG als Aufgabe des BAFA vorsieht. Rechtlich betrachtete haben solche Handreichungen dieselbe Qualität wie informelle Verlautbarungen der BaFin im Versicherungssektor. Sie entfalten keine externen Rechtswirkungen für Unternehmen und deren Organe, binden aber das BAFA als Behörde aufgrund des Gleichbehandlungs- und des Vertrauensgrundsatzes.

Bewertung: Das BAFA geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Kundenbeziehung nicht Teil der Lieferkette ist, da im Sinn der Legaldefinition in § 2 Abs. 5 Satz 2 LkSG Kunden nicht für die Produktion erforderlich sind. Weiter führt das BAFA zu Recht aus, dass die Kapitalanlage und die Leistungserbringung gleichfalls keinen Teil der Lieferkette bilden. Schließlich erscheint auch die Auslegung vertretbar, dass Ausgliederungen nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 oder Nr. 3 LkSG als Teil der Lieferkette qualifiziert werden können, allerdings vorausgesetzt, dass die Aktivitäten des Dienstleisters für die Versicherungsdienstleistung nach § 2 Abs. 7 und Abs. 8 LkSG notwendig sind. Kritisch zu bewerten ist jedoch die Aussage, dass sich aus einer defizitären Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem LkSG Anhaltspunkte für übergreifende Mängel in der Geschäftsorganisation der Versicherungsunternehmen ergeben könnten. Da Handreichungen mit den Fachbehörden abzustimmen sind (§ 20 S. 1 LkSG) wird diese Bewertung wohl auch der Einschätzung der BaFin entsprechen. Dagegen sprechen zentral die unterschiedlichen Zwecke des LkSG und des VAG sowie die abweichenden Vorgaben für die Geschäftsorganisation, die im VAG und vor allem in der Solva II-VO spezieller und deutlich detaillierter normiert wurden. Im Übrigen kann eine unverbindliche behördliche Interpretation keine Indizwirkung im Hinblick auf die Compliance der beaufsichtigten Unternehmen entfalten.

Praxishinweis: Die Versicherungsunternehmen im Anwendungsbereich des LkSG (der zum 1.1.2024 durch die Reduzierung der relevanten Arbeitnehmerschwelle von 3000 auf 1000 deutlich erweitert wird) sollten bei der Auslegung und Anwendung des nationalen LkSG stets die europäische Regulierung im Blick behalten. Diese weicht deutlich von den deutschen Vorgaben ab, unter anderem dadurch, dass sie die gesamte Wertschöpfungskette und somit die Beziehungen zu Lieferanten und Abnehmern erfasst. Einschlägige Anhaltspunkte ergeben sich aus der bereits in Kraft getretenen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) und aus dem zur Zeit im Trilog verhandelten Entwurf der Europäischen Kommission vom 23.2.2022 (COM(2022) 71 final) für eine Sorgfaltspflichten-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD).


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