Die Kommunikation über Instant-Messaging-Dienste wie zum Beispiel WhatsApp sind seit Jahren weit verbreitet. Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien werden nicht nur im privaten, sondern auch im geschäftlichen Bereich versendet. Dabei stellen sich Fragen zum Beispiel nach der Bedeutung von Emojis sowie zur Einhaltung einer vertraglich vereinbarten Schriftform. In einem vom Oberlandesgericht München mit Urteil vom 11.11.2024 entschiedenen Fall war der Käufer eines Ferrari aufgrund eines angenommenen Lieferverzugs des Verkäufers vom Vertrag zurückgetreten und forderte seine geleistete Vorauszahlung zurück. Der Verkäufer trat der Rückforderung mit der Behauptung entgegen, der Käufer habe einem späteren Liefertermin zugestimmt, der erst nach dem Rücktritt lag. Dazu berief er sich auf eine WhatsApp-Nachricht an den Käufer, mit dem der Verkäufer die Lieferung des Ferrari im ersten Halbjahr 2022 angekündigt hatte. Hierauf antwortete der Kläger: „Ups 😬“, woraus der Verkäufer eine Zustimmung des Klägers zur Lieferung bis zum 30.06.2022 schloss.
Das Oberlandesgericht München weist in seinem Urteil darauf hin, dass digitale Piktogramme wie Emojis nicht nur Gefühle ausdrücken können, sondern ihnen auch rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommen kann. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, welche Bedeutung einem Emoji zukommt. Das Oberlandesgericht München weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Emojis die Gefahr von Missverständnissen und Fehlschlüssen bergen, da die konkret verwendeten Symbole auf einem spezifischen „Emoji-Soziolekt“ beruhen, der ausschließlich innerhalb einer bestimmten Gruppe existieren kann. Dem 😬 komme nach den Emoji-Lexika Emojipedia und EmojiTerra grundsätzlich die Bedeutung einer negativen oder gespannten Emotion zu, insbesondere Nervosität, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit. Daher sei die Antwort des Käufers „Ups 😬“ nicht als Zustimmung zum späteren Liefertermin zu verstehen. Maßgeblich war daher der ursprünglich vereinbarte Liefertermin, so dass der Käufer zum Rücktritt vom Vertrag vor dem 30.06.2022 berechtigt war. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte auch bei der Anbahnung und Abwicklung von Bauverträgen auf die Verwendung von Emojis insbesondere dann verzichtet werden, wenn sie Worte innerhalb eines Satzes ersetzen sollen.
Das Oberlandesgericht München hat sich in seinem Urteil darüber hinaus mit der Frage auseinandergesetzt, ob WhatsApp-Nachrichten einer vertraglich vereinbarten Schriftform genügen können. Diese Frage hat das Oberlandesgericht München für Textnachrichten sowie übersendete Bilddateien bejaht, hingegen für Video- oder Audio-Nachrichten verneint. Nach § 127 Abs. 2 BGB reicht zur Wahrung einer vertraglich vereinbarten Schriftform grundsätzlich die telekommunikative Übermittlung von Daten aus. Der Text muss dem Vertragspartner allerdings so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann. Diese Voraussetzungen würde eine WhatsApp-Textnachricht erfüllen, da der Chatverlauf bei WhatsApp regelmäßigt per backup in der Cloud gesichert, also dauerhaft gespeichert werde. Eine Reproduktion sei sowohl physisch durch einen screenshot- oder exportbasierten Ausdruck möglich als auch digital durch eine Weiterleitung der Nachricht.
Anders hat das Oberlandesgericht Frankfurt die einer WhatsApp-Nachricht beantwortet: In einem Urteil vom 21.12.2023 hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass eine Mangelrüge per WhatsApp-Nachricht nicht die sogenannte „Quasi-Unterbrechung“ der Verjährungsfrist nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B begründe. Nach dieser Vorschrift löst das erstmalige schriftliche Verlangen einer Nachbesserung eine eigenständige zweijährige Gewährleistungsfrist aus. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt genügt eine WhatsApp-Nachricht nicht der nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B erforderlichen Schriftform, da zur Einhaltung der Schriftform eine Erklärung erforderlich sei, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst sei, die in einer die Übergabe eines Schriftstücks ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt werde.
Die insoweit widersprüchlichen Entscheidungen der Oberlandesgerichte München und Frankfurt lassen nur den Schluss zu, dass jedenfalls dann auf WhatsApp-Nachrichten verzichtet werden sollte, wenn vertraglich die Einhaltung der Schriftform vereinbart wurde. Bei einer gesetzlich vorgegebenen Schriftform, wie zum Beispiel bei der Kündigung eines Bauvertrags gemäß § 650h BGB, reicht die Verwendung von WhatsApp-Nachrichten niemals aus.