HomeWissenVeröffentlichungenSchlimmer geht immer: Rücktritt und Vertragsstrafe 
02.10.2025

Schlimmer geht immer: Rücktritt und Vertragsstrafe 

In einem Urteil vom 22.05.2025 hat der Bundesgerichtshof einem Bauherrn einen Vertragsstrafenanspruch zugebilligt, obwohl der Bauherr vom Vertrag zurückgetreten war. In dem mit dem Bauträger geschlossenen Vertrag hatte der Bauherr eine Fertigstellung zum 17.10.2020 vereinbart. Für den Fall, dass dieser Fertigstellungstermin überschritten werden sollte, war eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.276,57 € je Werktag vereinbart, maximal in Höhe von 5 % des vereinbarten Werklohns. Außerdem waren beide Vertragsparteien berechtigt, bis zum 15.12.2022 vom Vertrag zurückzutreten, falls die Kaufpreisfälligkeit nicht bis zum 15.08.2022 eintreten würde. Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit war unter anderem eine Abnahme der Bauleistungen. Da die Kaufpreisfälligkeit am 15.08.2022 nicht eingetreten war, trat der Bauherr am 14.12.2022 vom Vertrag zurück und forderte gleichzeitig die Vertragsstrafe. 

Mit Erfolg: Die Vertragsstrafe war zum Zeitpunkt des Rücktritts in vollem Umfang verwirkt. Der Bauherr war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch nicht durch den erklärten Rücktritt gehindert, die Vertragsstrafe geltend zu machen. Denn der Rücktritt führe keinen rechtlichen Zustand herbei, wie er ohne den Vertragsschluss bestehen würde. So entfalle der Vertragsstrafenanspruch nicht wegen des Rücktritts. Auch Sinn und Zweck einer Vertragsstrafenregelung sprechen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dafür, dem Bauherrn den Vertragsstrafenanspruch zu erhalten. Eine Vertragsstrafe diene regelmäßig dazu, den Schuldner zur pünktlichen Leistungserbringung anzuhalten. Außerdem pauschaliere sie einen dem Gläubiger durch den Verzug des Schuldners entstehenden Schaden und entlaste ihn davon, die Höhe des Schadens im Einzelnen darzulegen. Diese Ziele können nicht erreicht werden, wenn der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe durch einen Rücktritt entfiele. 

Der Verzug kommt dem Bauträger in zweifacher Hinsicht teuer zu stehen: Zum einen ist er aufgrund des Rücktritts dazu verpflichtet, dem Bauherrn unter anderem bereits erhaltene Abschlagszahlungen zu erstatten. Zum anderen muss er dem Bauherrn auch die verwirkte Vertragsstrafe entrichten. Zu verhindern wäre diese Konsequenz nur durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung, die eine Vertragsstrafe neben dem Rücktritt ausschließt.
 

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Dr. Lars Knickenberg Partner
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