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04.11.2024

Einmal Bietergemeinschaft – immer Bieterbietergemeinschaft?

Schließen sich mehrere Unternehmen für eine Beteiligung an einem Vergabeverfahren zu einer Bietergemeinschaft (BIEGE) zusammen, stellt sich die Frage, wie sich das Ausscheiden einzelner Mitglieder aus der BIEGE auswirkt. In einem dem EuGH vorgelegten Fall hatten sich im Jahr 2016 mehrere Unternehmen zu einer BIEGE zusammengeschlossen und sich in einem offenen Verfahren um verschiedene Lose eines Auftrags bemüht. Nachdem der Auftraggeber mehrfach eine Verlängerung der Angebotsfrist forderte, erklärten im Jahr 2020 zwei Mitglieder der BIEGE, keiner erneuten Verlängerung zuzustimmen. Die beiden verbliebenen Mitglieder der BIEGE erklärten, sie wollten weiterhin am Vergabeverfahren teilnehmen und den Auftrag ausführen; die Leistungen der ausgeschiedenen BIEGE-Partner würden sie übernehmen. Hierauf hat der öffentliche Auftraggeber die aus den verbliebenen Mitgliedern bestehende BIEGE vom Verfahren ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 26.09.2024 hat der EuGH den Ausschluss für unrechtmäßig erklärt. Es sei nicht zulässig, wenn das Ausscheiden eines Mitglieds aus der BIEGE zwangsläufig zum Ausschluss der BIEGE aus dem Vergabeverfahren führe. Hierin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, sofern feststehe, dass die verbleibenden Mitglieder der BIEGE die vom Auftraggeber gestellten Anforderungen an die Teilnahme am Vergabeverfahren erfüllen. Ferner dürfe die fortgesetzte Teilnahme der BIEGE am Verfahren zu keiner Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation der übrigen Bieter führen. Schließlich sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.

Die Beteiligung an einer BIEGE bietet für Unternehmen teilweise die einzige Möglichkeit, sich um größere Aufträge bemühen zu können. Aber selbst dann, wenn ein Unternehmen in der Lage wäre, einen Auftrag allein auszuführen, kann eine Beteiligung an einer BIEGE sinnvoll sein, um nicht sämtliche Kapazitäten in einem Auftrag zu binden. Mit der Beteiligung an einer BIEGE bindet sich der Unternehmer und macht sich gleichzeitig in gewissem Umfang von seinen BIEGE-Partnern abhängig. Diese Abhängigkeit ist nach dem Urteil des EuGH vom 26.09.2024 allerdings in der Weise eingeschränkt, dass das Angebot der BIEGE durch den Ausstieg eines ihrer Mitglieder in der Regel nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden darf. Anders ist dies allerdings, wenn die BIEGE durch den Ausstieg eines Mitglieds die vom öffentlichen Auftraggeber geforderte Eignung verliert.

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