Im Dickicht der EU-Entwaldungsverordnung wird’s nur langsam heller – aber immerhin raschelt’s: Was kommt nun wann auf betroffene Unternehmen zu?
Die EU-Entwaldungsverordnung (EU Deforestation Regulation - EUDR) stellt viele Unternehmen mit globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten vor enorme Herausforderungen. Schätzungsweise sind mehr als 370.000 Unternehmen in Europa betroffen. Dass der europäische Gesetzgeber wenige Wochen vor dem geplanten Start der EUDR zum 30. Dezember 2025 immer noch am Pflichtenkatalog feilt und auch eine erneute Verschiebung immer wahrscheinlicher wird, ist aus Sicht der betroffenen Unternehmen, die sich mit großem Aufwand bereits vorbereitet haben, wenig erfreulich.
Hintergrund
Die EUDR wurde im Juni 2023 erlassen. Sie ist ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der Europäischen Union (EU). Mit ihr soll die Einfuhr, der Handel sowie die Ausfuhr von Produkten in der EU verhindert werden, die in Zusammenhang mit der Entwaldung oder Beschädigung von Waldflächen stehen. Davon erfasst sind die Rohstoffe Holz, Kakao, Kaffee, Kautschuk, Ölpalme, Soja und Rinder sowie die in Anhang I der EUDR aufgeführten und auf diesen Rohstoffen basierenden Erzeugnisse wie Papier, Bücher, Zeitungen, Möbel, Schokolade und Rindfleisch. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für die Umsetzung und Durchführung der EUDR zuständig.
Die EUDR-relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse dürfen nur noch dann in der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, wenn
1. sie entwaldungsfrei sind, d. h. nicht auf Flächen erzeugt worden sind, die nach dem 31.12.2020 entwaldet wurden. Im Fall von Holz und Holzerzeugnissen gilt, dass diese aus einem Wald stammen müssen, in dem es seit dem 31.12.2020 keine Waldschädigung gab;
2. sie in Übereinstimmung mit den im Erzeugerland geltenden Rechtsvorschriften hergestellt wurden. Dies umfasst nicht nur Gesetze zum Wald- und Naturschutz, sondern auch Arbeitnehmerrechte, Menschenrechte, Rechte von indigenen Völkern und lokale Anti-Korruptions-Gesetze und
3. für sie eine Sorgfaltserklärung vorliegt, in der die relevanten Produktinformationen enthalten sind und in der bestätigt wird, dass Sorgfaltspflichten erfüllt wurden und kein oder ein nur vernachlässigbares Risiko der Entwaldung vorliegt.
Von der EUDR betroffen sind alle Unternehmen, die EUDR-relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse innerhalb der EU in den Verkehr bringen, bereitstellen oder aus der EU ausführen. Erfasst sind auch Marktteilnehmer der nachgelagerten Lieferkette, also Unternehmen, die ein Erzeugnis des Anhangs I der EUDR zu einem anderen Erzeugnis des Anhangs I der EUDR weiterverarbeiten. Wenn beispielsweise ein in der EU ansässiges Unternehmen Kakaobutter importiert und ein ebenfalls in der EU ansässiges anderes Unternehmen mit dieser Kakaobutter Schokolade herstellt und vertreibt, werden beide Unternehmen von der EUDR erfasst, da sowohl Kakaobutter als auch Schokolade von der EUDR erfasste Erzeugnisse sind.
Der Pflichtenkatalog unterscheidet sich danach, welche Rolle einem Unternehmen zukommt (z. B. als Marktteilnehmer, Händler oder Marktteilnehmer der nachgelagerten Lieferkette) und wie groß es ist. Dabei sind Kleinst-, kleinere und mittlere Unternehmen von Großunternehmen zu unterscheiden, was sich anhand der Bilanzsumme, der Nettoumsatzerlöse sowie der Anzahl der Beschäftigten bemisst. Unternehmen, die von der EUDR erfasst sind, müssen unter anderem Informationen, Daten und Unterlagen über die relevanten Erzeugnisse sammeln, auf dem neusten Stand halten und vorhalten sowie eine Risikobewertung durchführen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen.
Verstöße gegen die EUDR können mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 4 % des in der EU erwirtschafteten Jahresumsatzes sanktioniert werden. Zudem kann der Vertrieb der betroffenen Produkte untersagt, die Einziehung vom Markt erzwungen sowie ein zeitlich begrenzter Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung angeordnet werden.
Aktuelle Entwicklungen im europäischen Gesetzgebungsverfahren
Aktuell – Stand 03. Dezember 2025 – verhandeln die EU-Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament darüber, ob der Geltungsbeginn der EUDR – mal wieder – verschoben und der bislang vorgesehene Pflichtenkatalog verschlankt werden soll. Der Europäische Rat hat am 19.11.2025 vorgeschlagen, die Umsetzung der EUDR für mittlere und große Unternehmen um ein Jahr bis zum 30.12.2026 zu verschieben. Kleinst- und Kleinunternehmen soll eine zusätzliche Frist von sechs Monaten bis zum 30.06.2027 eingeräumt werden. Zudem wird vorgeschlagen, die Pflicht zur Abgabe einer Sorgfaltserklärung nur dem Unternehmen aufzuerlegen, das das betroffene Produkt erstmals in der EU auf den Markt bringt. Unternehmen in der nachgelagerten Lieferkette sollen entlastet werden und keine eigenen Sorgfaltserklärungen abgeben müssen. Stattdessen sollen sie auf die Referenznummer der ursprünglichen Sorgfaltserklärung verweisen können. Kleinst- und Kleinunternehmen sollen nur noch eine einmalige und vereinfachte Erklärung einreichen müssen.
Das Europäische Parlament hat am 26.11.2025 bekanntgegeben, dass es sich dem Vorschlag des Europäischen Rat anschließt. Darüber hinaus möchte das Europäische Parlament der EU-Kommission aufgeben, die EUDR weiter zu vereinfachen und bis zum 30.04.2026 dazu einen Bericht (gegebenenfalls verbunden mit einem Gesetzgebungsvorschlag) vorzulegen.
Mit den nun bekannten Positionen kann das Trilogverfahren zwischen dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission beginnen. Zwar ist das Ergebnis der Verhandlungen noch abzuwarten. Es zeichnet sich aber ab, dass die Anwendung der EUDR erneut um ein Jahr verschoben wird. Es bleibt zu hoffen, dass der europäische Gesetzgeber schnellstmöglich für Klarheit sorgt und diesen nun seit geraumer Zeit andauernden Schwebezustand für EUDR-betroffene Unternehmen beendet.
Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie Fragen zur EUDR haben. Wir unterstützen Sie gerne.