Geschädigten Abnehmern von kartellierten Produkten fällt es häufig schwer, das Vorliegen eines kartellbedingten Schadens und dessen Höhe darzulegen und zu beweisen. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 10.02.2021 ("Schienenkartell VI") eine weitere bislang umstrittene Rechtsfrage des Kartellschadenersatzrechts geklärt.
Der Bundesgerichtshof hält Pauschalierungsklauseln in AGB für Schäden durch Kartellabsprachen für grundsätzlich zulässig. Dafür müssen im Wesentlichen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die Klausel so gestaltet sein, dass die Pauschale nicht den nach gewöhnlichem Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Auf Grundlage aktueller Metastudien (u.a. Oxera) geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass derzeit Pauschalen für Kartellschäden in Höhe von 5 bis 15 % des tatsächlich gezahlten Kaufpreises zulässig sind. Zum anderen muss die Pauschalierungsklausel dem Schädiger den Nachweis ermöglichen, dass dem Auftraggeber ein geringerer Schaden entstanden ist.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann Abnehmern von kartellierten Produkten die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erheblich vereinfachen. Die Schwierigkeit für viele Kläger, den kartellbedingten Schaden und dessen Höhe darzulegen und zu beweisen, wird jedenfalls insofern abgemildert, als bei Vereinbarung einer Schadenspauschale eine Darlegungs- und Beweislastumkehr eintritt. Es obliegt sodann den beklagten Kartellanten, einen geringeren als den pauschalierten Schaden nachzuweisen.
Unternehmen und öffentliche Auftraggeber sollten deshalb erwägen, in ihren AGB bzw. Einkaufsbedingungen eine Pauschale für Kartellschadenersatz nach den vom Bundesgerichtshof aufgezeigten Maßstäben aufzunehmen. Bei bereits existierenden Klauseln sollte überprüft werden, ob sie den Anforderungen des Urteils Schienenkartell VI genügen.