Am 31.10.2024 ist das Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesge-richtshof in Kraft getreten. Noch am selben Tag hat der BGH das Verfahren zum sog. „Scraping“-Datenschutzvorfall bei Facebook zum ersten Leitentscheidungsverfahren bestimmt.
Zweck
Das Gesetz soll die Zivilgerichte von Massenverfahren entlasten, indem Rechtsfragen von grundsätz-licher Bedeutung schneller geklärt werden. Es ermöglicht dem BGH auch dann einen mit Gründen ver-sehenen Beschluss, wenn das Revisionsverfahren z. B. durch Rücknahme der Revision oder einen Vergleich beendet wird, ohne dass es zu einer inhaltlich begründeten Entscheidung kommt.
Inhalt
Der BGH kann frühestens innerhalb eines Monats nach Eingang der Revisionsbegründung oder nach Eingang der Revisionserwiderung einen Rechtsstreit zum Leitentscheidungsverfahren bestimmen. Kommt es in diesem Rechtsstreit zu einer streitigen Entscheidung, gelten keine Besonderheiten. Bei Beendigung ohne mit inhaltlicher Begründung versehenes Urteil kann der BGH hingegen über von ihm identifizierte Rechtsfragen, die „für eine Vielzahl anderer Verfahren von Bedeutung“ sind, durch Be-schluss entscheiden. Dieser Beschluss entfaltet keine Bindungswirkung zwischen den Parteien, soll den Instanzgerichten jedoch eine Orientierung für die Entscheidung ähnlich gelagerter Fälle bieten. Diese können Rechtsstreite bis zur Erledigung eines einschlägigen Leitentscheidungsverfahrens aus-setzen.
Bewertung
Das Gesetz ist grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn die praktischen Auswirkungen voraussichtlich gering bleiben werden. Taktische Überlegungen werden sich auf die Berufungsinstanz verlagern. Auch die Klageflut in Widerrufs-, Prämienanpassungs- und ähnlichen Fällen wird es nicht wirksam eindäm-men können, weil die Rechtsanwaltskanzleien, die damit auf dem Rücken der Rechtsschutzversicherer ihr Geld verdienen, immer angebliche Besonderheiten des Sachverhalts finden werden, die eine Ent-scheidung im Einzelfall erfordern sollen.
Das VG Frankfurt/Main hat über eine Allgemeinverfügung der BaFin im Hinblick auf die Reaktion der Institute auf die Rechtsprechung des BGH zu Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen entschieden. Die Verfügung erging auf der Grundlage von § 4 Abs. 1a Satz 3 FinDAG, die entsprechende Eingriffe der BaFin auch gegenüber Versicherungsunternehmen ermöglicht. Daher ist die Entscheidung zugleich für den Versicherungssektor interessant.
Am 31.10.2024 ist das Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof in Kraft getreten. Noch am selben Tag hat der BGH das Verfahren zum sog. „Scraping“-Datenschutzvorfall bei Facebook zum ersten Leitentscheidungsverfahren bestimmt.
2024
in: Guhling / Günter Gewerberaummiete
BGB, BetrKV, HeizKV, WärmeLV, WEG, InsO, ZVG, BBodSchG, PreisklG, UStG, KStG, GewStG, EStG, GrEStG, ErbStG
Mit systematischer Darstellung des Prozessrechts einschließlich Formularen.
Kommentar, 3. Auflage. 2024 XXXVII, 2324 S.
2024
Die Cybersicherheit sollte mit der Umsetzung der NIS2-Richtlinie in nationales Recht deutlich verbessert werden. Deutschland hat es versäumt, die Richtlinie fristgerecht zum 17.10.2024 umzusetzen. Es liegt der Regierungsentwurf des „NIS2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG)“ vom 02.10.2024 vor – das Gesetz soll nun voraussichtlich im Frühjahr 2025 in Kraft treten.