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11.12.2025

Keine Mängelansprüche ohne Vertrag

Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 31.05.2024 über einen Fall entschieden, in dem vor allem über Mängelrechte des Bestellers an zusätzlich ausgeführten Arbeiten gestritten wurde. Ausgangspunkt des Falls war ein Werklohnprozess: Der Unternehmer verlangte die Bezahlung von Bauleistungen, während der Besteller Mängel rügte. Streitentscheidend war, ob bestimmte, über den ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang hinausgehende Arbeiten als vertraglich geschuldete Zusatzleistungen anzusehen waren oder ob sie ohne vertragliche Grundlage erbracht wurden. 

Das Gericht stellt klar: Mängelansprüche gewährt das Gesetz nur für „werkvertragliche“ Leistungen. Das bedeutet, dass der Besteller nur dann Mängelrechte wie Nachbesserung, Minderung oder Schadensersatz wegen zusätzlicher Arbeiten geltend machen kann, wenn feststeht, dass diese Arbeiten tatsächlich Gegenstand eines zwischen den Parteien vereinbarten Vertrags waren. Fehlt es an einer solchen vertraglichen Einbindung – beispielsweise, wenn der Unternehmer Leistungen „auf eigene Faust“ oder bloß in Erwartung einer späteren Vergütung – erbringt, bestehen für den Besteller keine Mängelrechte.

Im konkreten Fall konnte der Besteller nicht darlegen und beweisen, dass die umstrittenen Zusatzarbeiten auf einer vertraglichen Grundlage beruhten. Das Oberlandesgericht München betont, dass es Sache des Bestellers sei, die Vertragsbindung solcher Leistungen nachvollziehbar zu belegen, etwa durch schriftliche Nachtragsvereinbarungen, dokumentierte Anordnungen, klaren Leistungsbeschreibungen oder eine konsistente Abrechnung. Eine bloße Ausführung der Arbeiten und spätere Abrechnung durch den Unternehmer genüge nicht, wenn der vertragliche Einbezug zweifelhaft bleibe. Gerade bei geschlossenen Verträgen mit verbindlicher Leistungsbeschreibung und geregelten Abrechnungsvorgaben verlangt das Gericht eine verlässliche Dokumentation, die die Zusatzleistung als vereinbarte Werkpflicht ausweist.

Praktisch bedeutet die Entscheidung, dass Nachträge und Zusatzleistungen frühzeitig und eindeutig vereinbart werden sollten. Hierdurch wird nicht nur der Vergütungsanspruch des Unternehmers eindeutig begründet, sondern auch gesichert, dass dem Besteller bei Mängeln die gesetzlichen Rechte zustehen. Versäumte Klarstellungen bergen das Risiko, dass der Besteller mangels vertraglicher Einordnung keine Gewährleistungsrechte hat. Das Oberlandesgericht München stärkt damit die Vertragstransparenz im Baualltag: Wer zusätzliche Leistungen erbringt oder anordnet, muss für klare vertragliche Grundlagen sorgen, damit im Konfliktfall sowohl Vergütungs- als auch Mängelrechte rechtssicher greifen.

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Dr. Lars Knickenberg Partner
Rechtsanwalt
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