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03.06.2025

Krisenfrüherkennung – (k)ein Ding der Unmöglichkeit in der heutigen Zeit?

Die von Präsident Trump eingeführten Zölle und der drohende Handelskrieg, Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel, Energie- und Rohstoffkosten, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und und und – die Herausforderungen, die sich den Unternehmen in Deutschland stellen, sind äußerst vielfältig und komplex. Die aktuelle wirtschaftliche Lage verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, frühzeitig die drohenden Gefahren für ein Unternehmen zu erkennen und entsprechend zu handeln. Die Verantwortung hierfür trägt die Geschäftsleitung. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und Pflichten der Geschäftsleitung zur Krisenfrüherkennung geben und macht Vorschläge für die Umsetzung in der Praxis. 

Die generelle Pflicht der Geschäftsleitung juristischer Personen zur Krisenfrüherkennung ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung. Gemäß § 43 GmbHG ist die Geschäftsleitung verpflichtet, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Dies umfasst auch die Pflicht zur Krisenfrüherkennung und -bewältigung. § 91 Abs. 2 AktG normiert ausdrücklich die Pflicht des Vorstands, ein Überwachungssystem einzurichten, das Entwicklungen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden, frühzeitig erkennt. Auch § 1 StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) legt eine solche Pflicht zugrunde. 

Verstößt die Geschäftsleitung schuldhaft gegen diese Pflicht – verschließt sie etwa die Augen vor drohenden Risiken oder beruft sich darauf, dass man bestimmte Dinge im Unternehmen stets auf diese Weise gemacht habe –, droht die Haftung. Eine Pflichtverletzung scheidet aus, wenn die Geschäftsleitung nach der sogenannten Business-Judgement-Rule privilegiert ist, also bei einer unternehmerischen Entscheidung davon ausgehen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. 

Die Geschäftsleitung ist nicht nur verpflichtet, ein Früherkennungssystem – bestehend u.a. aus Liquiditätsplanung, Finanzanalysen und Risikobewertungen – einzurichten, sondern dieses auch regelmäßig zu überprüfen und notfalls anzupassen. Sämtliche Maßnahmen sind dabei – auch im Interesse der Geschäftsleitung an einer Haftungsvermeidung – zu dokumentieren. Werden Risiken erkannt, sind entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Auch hier steht der Geschäftsleitung ein Entscheidungsspielraum zu. Geeignete Maßnahmen können das Einleiten von Sanierungsmaßnahmen, die Restrukturierung von Verbindlichkeiten, die Erschließung neuer Geschäftsfelder oder die Einschaltung externer Berater sein. 

Das „wie“ der Krisenfrüherkennung regeln die gesetzlichen Vorgaben nicht. Sie soll sich an Größe, Branche und Struktur des Unternehmens orientieren. Grundlage ist stets eine gründliche Analyse der konkreten Unternehmenssituation. Akut drohenden Risiken sind konkrete Maßnahmen entgegenzusetzen – für latente Risiken sind Maßnahmen zu ergreifen, die auf deren Überwachung und kontinuierliche Bewertung ausgerichtet sind. Eventuell bedarf es bereits gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, etwa einer Kapitalerhöhung oder verschiedener Umwandlungsmaßnahmen. Eine offene und transparente Kommunikation mit Gesellschaftern, Aufsichtsorganen, Gläubigern und Mitarbeitern ist ein weiterer, wesentlicher Baustein einer effektiven Krisenfrüherkennung und -beseitigung. Praxishilfen, die bei einer ersten Einschätzung der Risikolage hilfreich sein können (insbesondere für Kleinst- oder Kleinunternehmen), finden sich auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. 

Fazit: Die Pflicht zur Früherkennung ist heute wichtiger denn je. Die Geschäftsleitung hat ein System einzurichten, das bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig erkennt und Maßnahmen zur umgehenden Beseitigung dieser Entwicklungen bereithält. Verstößt die Geschäftsleitung gegen diese Pflicht, droht die Haftung. Sämtliche Maßnahmen sollten dokumentiert werden. Bei der Einrichtung und Bewertung eines solchen Systems stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. 

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