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11.12.2025

Versehentliche Fristverlängerung durch Verhandlungen

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit Urteil vom 16.10.2025 entschieden, dass Verhandlungen zwischen Besteller und Unternehmer über die Mängelbeseitigung, die während einer laufenden Nacherfüllungsfrist geführt werden, zu einer Verlängerung der zuvor gesetzten Nachbesserungsfrist führen können. Das bedeutet: Wer in der Frist erkennbar im Gespräch bleibt, Termine abstimmt, Lösungen verhandelt und die Mängelbeseitigung koordiniert, verlängert damit faktisch die Zeit, die dem Unternehmer zur Nachbesserung bleibt. Nach Ablauf der gesetzten Frist liegt daher noch nicht unbedingt ein Fristablauf vor, der den Besteller zur Ersatzvornahme, Rückabwicklung, Schadenersatz oder Minderung berechtigt!

In dem entschiedenen Fall hatte der Bauherr bei der Montage einer Haustür Mängel gerügt. Er setzte dem Unternehmer zunächst eine Frist zur Beseitigung der Mängel. Vor Ablauf der Frist gab es mehrfach Abstimmungen, gemeinsame Termine, weitere Mängelanzeigen sowie Diskussionen über den Umfang der Mangelhaftung. Der Unternehmer akzeptierte teilweise seine Verantwortung zur Nachbesserung, teilweise bestritt er sie unter Verweis auf angeblich verantwortliche Dritte. Als die vom Besteller gesetzte Nachbesserungsfrist abgelaufen war, verlangte der Bauherr Rückzahlung und Schadensersatz, da die Mängel nicht vollständig und fristgerecht beseitigt waren. Das Landgericht wies die Klage ab; die Berufung vor dem Oberlandesgericht Brandenburg blieb erfolglos.

Das Oberlandesgericht Brandenburg stellt darauf ab, dass die Parteien innerhalb der laufenden Nacherfüllungsfrist tatsächlich verhandelt und weitere Schritte der Mängelbeseitigung koordiniert haben. Diese Verhandlungsführung habe dem Unternehmer signalisiert, dass eine Nacherfüllung weiter möglich sei. Durch die Verhandlungen werde die ursprüngliche Frist konkludent verlängert. Für die Verlängerung brauche es keine neue Fristsetzung. Vielmehr genüge das objektiv erkennbare Zusammenwirken und Weiterverhandeln über konkrete Maßnahmen und Zeitpunkte der Nachbesserung. In der Folge lag zum Ablauf der ursprünglich gesetzten Nachbesserungsfrist kein schuldhafter Verzug des Unternehmers vor; darauf beruhende Ansprüche bestanden folglich nicht.

Zugleich betont das Gericht, dass der Besteller die Verantwortlichkeit des Unternehmers für bestimmte Mängel substantiiert darlegen muss. Sind Fehler etwa herstellerbezogen und nicht eindeutig dem (Montage-) Unternehmer zuzuordnen, genüge der pauschale Hinweis auf „Mangel am Werk“ nicht. Ebenso reiche eine reine Ablehnung der geforderten Nachbesserung durch den Unternehmer ohne Angabe belastbarer Gründe nicht aus, um einen Verzug des Unternehmers zu begründen; entscheidend sei die objektive Lage der Nacherfüllung und der Inhalt der Verhandlungen.

Für die Praxis folgt aus der Entscheidung: Wer während der Nacherfüllungsfrist ernsthaft verhandelt, verlängert die Frist regelmäßig konkludent. Besteller sollten deshalb, wenn sie den Fristablauf wirken lassen wollen, entweder die Verhandlungen klar beenden und eine neue, eindeutige finale Frist setzen oder im Zuge von Verhandlungen nachweisbar festhalten, dass keine Verlängerung gewollt ist. Unternehmer wiederum können sich darauf berufen, dass fortgesetzte Gespräche, Terminabstimmungen und Einverständnisse des Bestellers zur Nacherfüllung die Frist verlängern und einen Verzugseintritt hinausschieben. Die Entscheidung stärkt damit die kooperative Mängelbeseitigung und fordert eine klare Kommunikation über Fristen und Verantwortlichkeiten.

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Dr. Lars Knickenberg Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Vergaberecht

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