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11.03.2024

Von Jobsharing bis Vier-Tage-Woche

Ein arbeitsrechtlicher Blick auf innovative Arbeitsmodelle

Von der Remote-Arbeit über hybride Arbeitsmodelle bis hin zu individuellen Arbeitszeitregelungen – die Zukunft der Arbeit ist mobil, digital und flexibel. Nicht zuletzt im Hinblick auf den zunehmenden Fachkräftemangel ist es dringend geboten, dass Arbeitgeber diese Veränderungen aktiv vorantreiben.

Nachfolgend werden arbeitsrechtliche Gestaltungswege aufgezeigt, um auf die verschiedenen Bedürfnisse der Mitarbeitenden
sowie potenzieller Bewerber einzugehen, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Jobsharing – ein alternatives Teilzeitmodell

Ein bisher wenig etabliertes Arbeitsmodell ist das in § 13 TzBfG normierte Jobsharing, also das Teilen eines Arbeitsplatzes zwischen mehreren (in der Regel zwei) Mitarbeitenden. Zwar ist dieses bereits seit 1985 gesetzlich verankert. In der Praxis erfreut sich das Arbeitskonzept jedoch erst in den vergangenen Jahren steigender Beliebtheit. Das Konzept des Jobsharings unterscheidet sich von klassischen Teilzeitregelungen insofern, als dass die Mitarbeitenden innerhalb des vertraglich bestimmten Arbeitsumfangs – etwa 50/50 oder 60/40 – ihre Arbeitszeit untereinander eigenverantwortlich aufteilen. Das schafft Zeitsouveränität und Flexibilität für die Mitarbeitenden. Beim regulären Teilzeitmodell legt dagegen der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit fest.

Dem mit dem Jobsharing einhergehenden erhöhten Planungs- und Verwaltungsaufwand kann durch eine entsprechende Arbeitsvertragsgestaltung vorgebeugt werden. Zu beachten ist, dass mit jedem Mitarbeitenden ein gesonderter (Teilzeit-)Arbeitsvertrag aufzusetzen ist. Der persönlich geschuldete wöchentliche Arbeitsumfang der einzelnen Jobsharer ist schon aufgrund der Anforderungen des Nachweisgesetzes ausdrücklich zu vereinbaren. Bezüglich der eigenverantwortlich festzulegenden Lage der Arbeitszeit sollte vertraglich geregelt werden, dass sich die Mitarbeitenden hinsichtlich Lage und Dauer der Arbeitszeit unter Mitteilung an den Arbeitgeber untereinander abzustimmen haben. So wird insbesondere Klarheit hinsichtlich der Entgeltfortzahlung an Feiertagen oder bei Krankheit geschaffen. Sofern die eigenverantwortliche Aufteilung nicht rechtzeitig erfolgt, sollte der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit einseitig festlegen können. Zudem ist ausdrücklich zu
regeln, dass die Mitarbeitenden bei dringenden betrieblichen Gründen zur Vertretung untereinander verpflichtet sind, sofern dies zumutbar ist. Dies gilt etwa, wenn der verhinderte Mitarbeitende nicht anderweitig vertreten werden kann, die Arbeitsleistung daher insgesamt ausfällt und deshalb eine wesentliche Beeinträchtigung oder Schädigung des Betriebs zu besorgen ist.

Auch auf Führungsebene stellt Jobsharing – angepasst an die Besonderheiten der Führungsverantwortung – eine sinnvolle, aber bislang selten praktizierte Option dar. Nicht zuletzt in Fällen anstehender Nachfolge in Familienunternehmen kann als Übergangsmodell eine Teilung des Arbeitsplatzes zwischen erfahrenem Geschäftsführer oder Vorstand mit einem jungen Nachfolger eine reibungslose Nachfolge ermöglichen.


Die Vier-Tage-Woche

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aus 2023 befürworten rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen eine Vier-Tage-Woche zugunsten einer besseren Work-Life-Balance. 73 Prozent wollen dies nur bei gleichbleibendem Lohn. Acht Prozent würden sich auch bei geringerer Vergütung für eine Vier-Tage-Woche entscheiden. Erste Pilotprojekte sollen zeigen, dass Arbeitgeber von einer gesteigerten Motivation und Effizienz der Mitarbeitenden profitieren können.

Bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche sind jedoch entsprechend der unternehmerischen Interessen im Vorfeld verschiedene rechtliche Punkte zu beachten, um einen langfristigen Gewinn für alle Beteiligten zu erreichen. Die Einführung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. In Betracht kommt die Arbeitszeitverteilung auf vier Tage bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit (sogenannte Verdichtung). Hier gilt es insbesondere die Grenze der Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz zu beachten. Ebenso besteht die Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit zu reduzieren. Entweder mit einer entsprechenden Vergütungsreduktion oder mit einem (teilweisen) Gehaltsausgleich. Letzteres bietet sich insbesondere in Fällen an, in denen ein besonderer Fokus auf der Mitarbeitergewinnung und -bindung liegt.

Sofern ein Gehaltsausgleich beabsichtigt ist, drohen weitreichende Folgen für die Vergütung der gesamten Belegschaft. Denn wer nur an vier Tagen die Woche arbeitet, gilt arbeitsrechtlich als Teilzeitbeschäftigte/r im Sinne des TzBfG. Die Gewährung des Gehaltsausgleichs für Mitarbeitende, die in eine Vier-Tage-Woche wechseln, kann sich als diskriminierende Besserstellung
im Vergleich zu anderen Teilzeitbeschäftigten darstellen, die dann nach § 4 TzBfG eine verhältnismäßige Gehaltsanhebung
fordern können. Dem kann durch eine vorausschauende Vertragsgestaltung entgegengewirkt werden, indem – sofern möglich
– statt einer statischen Anhebung der Vergütung variable Vergütungsbestandteile vereinbart werden. Weiterhin ist zu beachten, dass im Rahmen der Einführung der Vier-Tage-Woche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen und dieser
rechtzeitig einzubinden ist.

Elternzeit – individuelle Gestaltungsmöglichkeiten

Die rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglichen eine Elternzeit von bis zu drei Jahren pro Kind innerhalb der ersten acht Lebensjahre. Insgesamt kann sie auf drei Zeitabschnitte aufgeteilt werden. Eine weitergehende Aufteilung unterliegt der Zustimmung des Arbeitgebers. Die gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Ankündigung, Inanspruchnahme, Verkürzung oder Verlängerung der Elternzeit sind verhältnismäßig streng. Mitarbeitende müssen bereits bei Verlangen der Elternzeit angeben, für welche Zeiträume diese innerhalb der folgenden zwei Jahre genommen werden soll. Eine Verlängerung oder vorzeitige Beendigung bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers. Die frühzeitige Ankündigung und langfristige Planung der Elternzeit dient in erster Linie dem Planungsinteresse des Arbeitgebers, um auf den anstehenden Arbeitsausfall reagieren zu können. Jedoch führt sie auch dazu, dass Mitarbeitende häufig vorsorglich direkt nach der Geburt zwei bis drei Jahre Elternzeit am Stück nehmen, ohne den Betreuungsbedarf des Kindes abschätzen zu können. Aufgrund der Unbeliebtheit befristeter Arbeitsverhältnisse gestaltet sich die Suche nach einer Elternzeitvertretung oftmals schwierig mit der Folge, dass diverse Stellen vorübergehend oder sogar über die gesamte Elternzeit unbesetzt bleiben. Für Mitarbeitende kann die längere Abwesenheit zu einer Entfremdung vom Arbeitgeber führen. Sie fühlen sich weniger zugehörig und verpassen wichtige Entwicklungen, was eine Rückkehr – neben den gesetzlichen Hürden – erschweren kann.

Die Vermeidung dieser negativen Auswirkungen kann Arbeitgebern Anlass geben, ihren Mitarbeitenden durch für sie günstige
Abweichungen von der Gesetzeslage größere Flexibilität einzuräumen. So kann etwa das Recht eingeräumt werden, auch innerhalb der ersten beiden Jahre nach der Geburt die Elternzeit mit einer vereinbarten Ankündigungsfrist vorzeitig zu beenden und zu verlängern. Auch eine flexible Ausgestaltung von Teilzeitarbeit – auf die während der Elternzeit grundsätzlich ein Anspruch besteht – kann zu einer sukzessiven und idealerweise früheren Rückkehr beitragen. Sogenannte „Stay-in-touch-Programme“ in Form von fortgesetzten Einladungen zu betrieblichen Veranstaltungen sowie Benachrichtigungen über betriebliche und personelle Neuerungen stärken zudem das Zugehörigkeitsgefühl und verhindern eine Distanzierung vom Arbeitgeber.

Mobile Arbeit aus dem Ausland

Ein flexibler Arbeitsort stellt für viele Fachkräfte mittlerweile ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers dar.
Mobile Arbeit ermöglicht die freie Wahl des Arbeitsorts, so auch die Arbeit aus dem Ausland etwa in Form der sich zunehmender Beliebtheit erfreuenden „Workation“, worunter die vorübergehende Arbeit von einem (typischerweise) Urlaubsort verstanden wird. Darüber hinaus stellt aber auch die permanente Remote-Arbeit aus dem Ausland ein für viele Mitarbeitende vorstellbares Arbeitsmodell dar.

So einfach sich mobile Arbeit aus dem Ausland aufgrund der technischen Möglichkeiten mittlerweile faktisch gestaltet, so schwierig stellt sich deren rechtliche Ausgestaltung dar. Es stellt sich zunächst die Frage des anwendbaren Rechts. Dies beurteilt sich sowohl für das EU-Ausland als auch für Nichtmitgliedstaaten nach Art. 8 ROM-I-VO. Hiernach besteht die Möglichkeit, eine Rechtswahl zu vereinbaren. Andernfalls findet das Recht des gewöhnlichen Arbeitsorts oder jeweils nachrangig der einstellenden Niederlassung oder des Staates, zu dem nach den Gesamtumständen eine engere Verbindung besteht, Anwendung. Bei einer getroffenen Rechtswahl ist zu beachten, dass diese nicht zu einer Benachteiligung des Mitarbeitenden verglichen mit dem nach Art. 8 ROM-I-VO ohne Rechtswahl anwendbaren Recht führen darf.

Bei Arbeitsorten außerhalb der EU ist aufgrund der teilweise erheblichen arbeitsrechtlichen Abweichungen vom deutschen
Recht eine genaue Prüfung angezeigt. Viele Arbeitgeber beschränken mobile Arbeit daher derzeit (noch) auf das EUAusland.
In jedem Fall sollten die möglichen Länder vorab festgelegt werden, um Konfrontationen mit ungünstigen Regelungen
zu umgehen.

Zusätzlich ist vom Arbeitgeber im Vorfeld zu klären, welches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet. Innerhalb der EU,
des EWR und der Schweiz verbleiben die Beschäftigten bei kurzen Auslandsaufenthalten regelmäßig in der deutschen Sozialversicherung. Mit weiteren Staaten bestehen teilweise bilaterale Abkommen, die den Verbleib in der jeweiligen Sozialversicherung regeln. Aufgrund der alleinigen Arbeitgeberhaftung hinsichtlich der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge ist eine vorherige Prüfung sowie eine Rückversicherung bei den zuständigen Behörden unerlässlich.

Erschienen in DIE NEWS, Fachzeitschrift für Familienunternehmen, März 2024.

WEITERE VERÖFFENTLICHUNGEN

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