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04.12.2023

Kartellrecht mit „Klauen und Zähnen“: die 11. GWB-Novelle ist in Kraft

Am 7. November 2023 ist die 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten. Sie war im Vorfeld als „Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“ angekündigt worden. Tatsächlich erhält das Bundeskartellamt neue Eingriffs- und Ermittlungsbefugnisse.

Die wichtigste Änderung betrifft die seit 2005 bestehenden Regeln zu Sektoruntersuchungen. Sektoruntersuchungen sind Ermittlungsmaßnahmen zur Prüfung bestimmter Wirtschaftszweige, bei denen der Verdacht besteht, dass der Wettbewerb „möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist“. Das Bundeskartellamt hat bisher 18 solcher Untersuchungen durchgeführt. Die maßgeblichen Regeln wurden nun verschärft. Insbesondere erhält das Bundeskartellamt weitgehende Eingriffsmöglichkeiten, um im Anschluss an eine Sektoruntersuchung festgestellte Störungen des Wettbewerbs zu beseitigen oder zu reduzieren. Zu den nun möglichen Maßnahmen gehören die Verpflichtung von Unternehmen, Zugang zu Daten, Netzen und Einrichtungen zu gewähren, bestimmte vertragliche Abreden nicht zu verwenden oder auch organisatorische Trennungen von Geschäftsbereichen herbeizuführen. Als ultima ratio kann sogar eine Entflechtung von Unternehmensteilen – also deren Verkauf – angeordnet werden. Die Besonderheit der Neuregelung besteht darin, dass diese Maßnahmen selbst dann getroffen werden können, wenn kein Verstoß des betroffenen Unternehmens gegen Kartellrecht festgestellt werden konnte. Es genügt eine „erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs“. Auch wenn die Hürden für diese Maßnahmen hoch sind und die Verfahren aufwändig werden, ist diese Neuerung von erheblicher Bedeutung. Sie erweitert das Instrumentarium, das dem Bundeskartellamt zum Schutz des Wettbewerbs zur Verfügung steht.

Außerdem wurden die Regeln zur sog. Vorteilsabschöpfung nach § 34 GWB ergänzt. Diese Vorschrift gibt dem Bundeskartellamt die Möglichkeit, den kartellbedingten Vorteil eines Kartells abzuschöpfen. Von dieser Möglichkeit wurde in der Vergangenheit kaum Gebrauch gemacht. Um dies zu ändern, sieht das Gesetz nun eine Vermutungsregelung vor. Demnach wird widerleglich vermutet, dass (1) durch einen Kartellrechtsverstoß ein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist und (2) dieser Vorteil mindestens 1 % der Umsätze beträgt, die im Inland mit den kartellierten Produkten oder Dienstleistungen erzielt wurden. Eine Widerlegung dieser Vermutung ist den kartellierenden Unternehmen nach dem Gesetz nur möglich, wenn nachgewiesen wird, dass das gesamte Unternehmen im fraglichen Zeitraum keinen Gewinn in dieser Höhe erwirtschaftet hat. Auch dies stellt eine deutliche Verschärfung des Kartellrechts dar.

Schließlich wurden Vorkehrungen getroffen, die es dem Bundeskartellamt ermöglichen, die Einhaltung des Digital Markets Act in Deutschland zu überwachen. Das Bundeskartellamt hat zu diesem Zweck umfassende Ermittlungsbefugnisse erhalten. Die Ergebnisse der Ermittlungen berichtet das Bundeskartellamt an die EU Kommission, die für die Durchsetzung der Vorschriften zuständig ist.

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