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19.03.2024

(Kein) Öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB

Das Oberlandesgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 08.02.2024 entschieden, dass eine Handwerkskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts kein öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 2 GWB ist. Darüber hinaus hat es im konkreten Fall auch § 99 Nr. 4 GWB trotz einer vorgesehenen Förderung des Bauprojekts für nicht einschlägig gehalten. Nach § 99 Nr. 4 GWB ist eine juristische Person dann öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts, wenn sie bei bestimmten Vorhaben zu mehr als 50 % von der öffentlichen Hand subventioniert wird. In dem vom Oberlandesgericht Schleswig entschiedenen Fall hatte die Handwerkskammer „Planungsleistungen für Baugrund und Wasserhaltung“ als vorbereitende Maßnahmen für den Neubau einer Berufsbildungsstätte ausgeschrieben. Für die Gesamtbaumaßnahme war die Handwerkskammer auf Subventionen in Höhe von deutlich über 50 % angewiesen, die zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Planungsleistungen für Baugrund und Wasserhaltung allerdings noch nicht beantragt, erst recht nicht genehmigt waren.

Das Oberlandesgericht Schleswig hat entschieden, dass die Handwerkskammer zum maßgeblichen Zeitpunkt noch kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB gewesen sei. Für die Beurteilung komme es auf den Zeitpunkt der Ausschreibung der streitgegenständlichen Leistung an. Die ausgeschriebene Planungsleistung wurde von der Handwerkskammer ohne Subvention auf eigenes Risiko und eigene Kosten beschafft. Da die Realisierung des Gesamtobjekts Berufsbildungsstätte zu diesem Zeitpunkt gar nicht feststand, standen der Handwerkskammer auch nicht mehr als 50 % der Projektkosten als Subvention zur Verfügung; entsprechend ging die Handwerkskammer auch nicht von einer mehr als hälftigen Förderung der Gesamtbaumaßnahme aus. Gerade bei vorbereitenden Maßnahmen kann derjenige, der später aufgrund von Subventionen zum öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB wird, noch „außerhalb“ des Vergaberechts stehen. Hier muss stets eine Prüfung des Einzelfalls erfolgen. Das Oberlandesgericht hat deshalb den Nachprüfungsantrag eines Bieters zurückgewiesen, da die Handwerkskammer kein öffentlicher Auftraggeber sei und folglich der Weg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen gar nicht eröffnet ist.

Nicht jedes Vergabeverfahren, das im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird, ist automatisch ein Verfahren, das die beteiligten Bieter von einer Vergabekammer überprüfen lassen können. Die Bieter müssen vielmehr eigenverantwortlich prüfen, ob es sich bei der ausschreibenden Stelle um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts handelt und ob die Vergabe einen öffentlichen Auftrag betrifft.

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