Am 5. Juli 2024 wurde die europäische Richtlinie über nachhaltigkeitsbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen („Sorgfaltspflichten-RL“) bekannt gemacht und ist 20 Tage danach in Kraft getreten. Für die Richtlinie wird auch die Abkürzung CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) benutzt. Die Richtlinie muss der deutsche Gesetzgeber spätestens bis zum 26. Juli 2026 in nationales Recht umsetzen.
Zweck und Anwendungsbereich
Die Sorgfaltspflichten-RL dient dem Schutz von Menschenrechten und Umwelt. Dieser Schutz soll dadurch erreicht werden, dass für Unternehmen zusätzliche Pflichten vorgeschrieben und Pflichtverletzungen sanktioniert werden. Die Richtlinie sieht für die betroffenen Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union unabhängig von ihrer Rechtsform folgende zeitlich gestaffelte Anwendung für die Erfüllung der neuen Pflichten vor: Für große Unternehmen (mehr als 5.000 Beschäftigte und weltweiter Netto-Jahresumsatz über 1,5 Mrd. €) drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie, also ab 2027. Für mittlere Unternehmen (mehr als 3.000 Beschäftigte und weltweiter Netto-Jahresumsatz über 900 Mio. €), vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie, also ab 2028. Für kleine Unternehmen (mehr als 1.000 Beschäftigte und weltweiter Netto-Jahresumsatz über 450 Mio. €) fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie, also ab 2029. Diese Schwellenwerte müssen in den letzten beiden Geschäftsjahren überschritten worden sein. Unternehmen außerhalb der EU fallen in den Anwendungsbereich, wenn ihr in der EU generierter jährliche Netto-Umsatz 450 Mio. € übersteigt.
Inhalte
Die Richtlinie normiert drei Bereiche, nämlich erstens die unternehmerischen Sorgfaltspflichten, zweitens die Haftung bei Verletzung dieser Pflichten und drittens den obligatorischen Klimaschutzplan.
1. Unternehmerische Sorgfaltspflichten
In der Richtlinie werden unternehmerische Pflichten verankert, die von den Risiken der jeweiligen Geschäftstätigkeit für Menschrechte und Umwelt abhängen. Erfasst wird die eigene Geschäftstätigkeit, die von Tochterunternehmen und die von Geschäftspartnern. Die wesentlichen Pflichten betreffen vor allem die Integration der Sorgfaltspflichten in die Unternehmenspolitik und das Risikomanagement. Flankierend werden zum Beispiel die Einrichtung eines Meldemechanismus und eines Verfahrens zur Bearbeitung von Beschwerden sowie die interne Überwachung durch Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen gefordert.
Diese Pflichten bestehen innerhalb der Aktivitätskette der Unternehmen. Diese Aktivitätskette geht über die Lieferkette des deutschen LkSG hinaus, da sie neben vorgelagerten Geschäftspartnern zugleich nachgelagerte Geschäftspartner einbezieht. Die Aktivitätskette geht zugleich über die von der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainablity Reporting Directive – „CSRD“) erfasste Wertschöpfungskette hinaus, da sie nicht an eine Wertschöpfung anknüpft. Bei beaufsichtigten Finanzunternehmen, damit ebenfalls bei Versicherungsunternehmen, umfasst die relevante Aktivitätskette nur die Beziehungen zu vorgelagerten Geschäftspartnern (dazu Bürkle, VersR 2021, 1).
2. Sanktionen
Verletzt das Unternehmen seine Sorgfaltspflichten kommen als Sanktionen eine zivilrechtliche Haftung für vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden, Bußgelder in Höhe von mindestens 5 % des jährlichen weltweiten Nettoumsatzes und Auswirkungen auf den Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge oder für den Erhalt erforderlicher Konzessionen in Betracht. Die zivilrechtliche Haftung wird gegenüber natürlichen und juristische Personen ausgelöst, wenn das Unternehmen, die im Anhang zur Richtlinie aufgeführten Rechte, Verbote oder Pflichten nicht beachtet, die dem Schutz dieser Personen dienen.
3. Klimaschutzplan
Alle Unternehmen, damit auch Versicherungsunternehmen, müssen einen Übergangsplan zur Minderung der Folgen des Klimawandels entwickeln. Damit soll erreicht werden, dass sich die Unternehmen bei ihrer Geschäftstätigkeit an dem 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens und an den Vorgaben der Europäischen Klimaschutzverordnungen orientieren. In ihrem Klimaschutzplan müssen die Unternehmen ihre Klimazwischenziele und das Ziel der Klimaneutralität behandeln.
Bewertung
Die Sorgfaltspflichten-RL führt erneut dazu, dass staatliche Verpflichtungen aus internationalen Abkommen auf private Unternehmen verlagert werden, deren Erfüllung die Versicherten finanzieren. Daher ist es generell wichtig, die in der Richtlinie eingeräumten Erleichterungsmöglichkeiten auf Gruppenebene zu prüfen Durch die erstmalig explizit vorgesehene zivilrechtliche Haftung drohen zudem erhebliche finanzielle Risiken.
2025
Private Unfallversicherungen, aber auch „neuere“ Versicherungsformen wie Dread-Disease- oder Existenzsicherungsversicherungen, sehen häufig Leistungsansprüche vor, wenn unfall- oder krankheitsbedingt eine bestimmte Pflegestufe nach dem Sozialgesetzbuch XI zuerkannt wurde. Ab dem Jahr 2017 wurden jedoch die Pflegestufen I bis III durch die Pflegegrade 1 bis 5 ersetzt. Es stellt sich daher die Frage, wie „Altverträge“ im Leistungsfall auszulegen sind, die noch auf die alten Pflegestufen abstellen.
Der EuGH hat mit Urteilen vom 22.10.2024 und 13.03.2025 entschieden, dass Bieter aus Drittstatten – also solchen Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind – und solchen Staaten, die keine Übereinkünfte mit der Union im Bereich des öffentlichen Auftragswesens geschlossen haben, im Vergabeverfahren nur eingeschränkte Rechte besitzen.
Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen SAP eingeleitet, um mögliche wettbewerbswidrige Praktiken des Software-Giganten zu untersuchen. Im Kern steht die Frage, ob SAP im Europäischen Wirtschaftsraum eine marktbeherrschende Stellung auf dem Anschlussmarkt für Support und Wartung für die von SAP lizenzierte Software ERP (Enterprise Resource Planning) missbraucht hat.
Die Europäische Kommission sowie nationale Kartellbehörden können von Unternehmen Auskünfte einholen oder Unterlagen anfordern, die sie zur Erfüllung ihrer behördlichen Aufgaben benötigen. Im Zusammenhang mit Fusionskontrollverfahren werden regelmäßig Auskünfte dazu eingeholt, welche wettbewerblichen Auswirkungen ein Zusammenschluss aus Sicht der betroffenen Marktakteure hat. Auch im Rahmen von kartellbehördlichen Ermittlungsverfahren, wenn beispielsweise der Verdacht kartellrechtswidriger Praktiken im Raum steht, können Auskunftsersuchen zu Zwecken der Sachverhaltsaufklärung an Unternehmen gerichtet werden. Befragt werden können dabei nicht nur die im Zentrum der Ermittlung stehenden Unternehmen, sondern auch andere Marktteilnehmer.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Hinweisbeschluss vom 08.01.2025 zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung von Rechtsanwaltshonoraren Stellung genommen. Der Insolvenzverwalter des von der Rechtsanwaltskanzlei vertretenen Unternehmens hatte auf Rückzahlung der von der Kanzlei zwischen Januar 2018 und September 2019 vereinnahmten Beratungs- und Prozessvertretungshonorare geklagt. Die Kanzlei argumentierte, ihre Mandantin sei in dem genannten Zeitraum, jedenfalls in wesentlichen Teilen des Zeitraums, nicht zahlungsunfähig gewesen und habe auch ihre drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erkannt gehabt. Auch sie selbst habe zu keinem Zeitpunkt eine drohende Zahlungsunfähigkeit angenommen, die mit der Mandantin getroffenen Ratenzahlungsvereinbarungen seien üblich. Der Kanzlei bekannte betriebswirtschaftliche Auswertungen hätten keinen Anlass zur Annahme einer Zahlungsunfähigkeit oder Unwirtschaftlichkeit der eigenen Mandantin gegeben.