Das Einkaufen über soziale Netzwerke wird unter Konsumenten immer beliebter und gehört zu den aktuellen Trends im E-Commerce. Laut einer Studie von Accenture soll des weltweite Marktvolumen im Social Commerce bis 2025 auf 1,23 Billionen US-Dollar steigen. Als „Social Commerce“ bezeich-net man den Handel von Waren und Dienstleistungen über soziale Netzwerke wie Instagram, Face-book oder TikTok. Social Commerce beschreibt damit im Ergebnis lediglich die Verschmelzung von Social Media und E-Commerce, die es Online-Händlern ermöglicht, Produkte über Social-Media-Plattformen direkt oder über Weiterleitungen auf ihren Online-Shops zu vertreiben.
Der rasant wachsende Markt sowie die direkte und gezielte Bewerbung der Produkte bei den relevan-ten Konsumenten bietet Unternehmen hervorragende neue Vertriebsmöglichkeiten. Mit geringen Kos-ten und leichten Erweiterungsmöglichkeiten ist es möglich die Produkte auf dem Markt zu testen und erfolgreich zu platzieren. Viele Start-Ups haben es hierdurch bereits geschafft nicht nur im Bereich E-Commerce tätig zu sein, sondern auch in den stationären Handel einzusteigen und eine erfolgreiche Marke zu etablieren.
Der Markt bietet daher hervorragende Möglichkeiten für Unternehmen, wenn man mit dessen Beson-derheiten und Herausforderungen umzugehen weiß.
Inspirationsquelle für EinkäufeDie Vorteile des Vertriebs von Produkten oder Dienstleistungen über den Social Commerce gegen-über dem „klassischen“ E-Commerce liegt in dem zielgerichteten Ansprechen der Käufer. Während klassische E-Commerce Plattformen wie Suchmaschinen mit einer von dem Plattformbetreiber prio-risierten Produktauflistung gestaltet sind und allenfalls aus vorherigen Suchen und Käufen gezielte Kaufvorschläge machen können, ist im Bereich des Social Commerce eine gezieltere Bewerbung der Produkte möglich. So werden Nutzern der Plattformen wie Instagram durch den Algorithmus für sie interessante Produkte und Beiträge angezeigt.
Die Wirkung der gezielten Bewerbung und des gezielten Vertriebs zeigt sich vor allem unter den jun-gen Generationen. Die Mehrheit der jungen Leute gibt laut dem „Status of Social Commerce Report“ an, dass Social Media bereits die wichtigste Inspirationsquelle für ihre Einkäufe sei.
Gleichzeitig wird den Unternehmen im Bereich Social Commerce auch eine bestehende Plattform geboten, die Verkäufer und Käufer einfach zusammenbringen und technische Lösungen zum Vertrieb von Waren und Dienstleistungen anbietet. Insbesondere über die Themen Datenschutz oder Cookies muss sich der Händler auf der Plattform zunächst keine Sorgen machen. Die Vorteile des „klassi-schen“ E-Commerce durch Plattformen wie Amazon bestehen daher auch im großen Umfang auf den Social-Media-Plattformen.
Achtung Fälschungen – Schutz des geistigen EigentumsMit der steigenden Bedeutung und den überragenden Möglichkeiten des Social Commerce kommen jedoch auch einige Herausforderungen. Eine dieser Herausforderungen ist der Schutz des geistigen Eigentums. Die Social-Media-Plattformen werden nämlich auch zunehmend zur Verbreitung von ge-fälschten oder nachgeahmten Produkten genutzt.
Die betroffenen Unternehmen, deren Marken- oder andere Schutzrechte verletzt werden, müssen erhebliche Ressourcen aufwenden, um diese Rechte zu verteidigen und gegen die Rechtsverletzer vorzugehen. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch oft schwierig, da Verkäufer in anderen Ländern ansässig sind und Plattformen wie Instagram und Facebook als Vermittler auftreten, ohne direkt in den Verkauf involviert zu sein. Damit sind Social-Media-Plattformen wie Instagram nicht direkt ver-antwortlich für die Inhalte, die Nutzer hochladen. Hier gilt also das gleiche wie in anderen Bereichen des E-Commerce mit der Haftung von Plattformen wie Amazon. Sie müssen nur aktiv werden, wenn sie Kenntnis von Rechtsverstößen erlangen.
Dennoch: Der Druck auf Plattformen wächst, striktere Maßnahmen gegen gefälschte Produkte zu ergreifen. Der Digital Services Act (DAS) der EU sieht vor, dass Plattformen schneller auf Be-schwerden von Markeninhabern reagieren und effizientere Maßnahmen gegen Rechtsverletzungen implementieren müssen.
Influencer-Marketing und TransparenzNeben dem Schutz des geistigen Eigentums ist die Kennzeichnungspflicht von Werbung ein zentraler Aspekt im Social Commerce. Influencer-Marketing, bei dem Produkte gegen Bezahlung oder Gratis-proben von Influencern beworben werden, hat sich als eines der wichtigsten Werbemittel im Social Commerce etabliert. Gerade da Influencer auf die Nutzer durch ein vermeintliches Näheverhältnis stark einwirken können, werden Werbekooperationen auch großer Unternehmen immer häufiger. Das kann jedoch zu rechtlichen Konflikten führen, insbesondere, wenn Werbung nicht entsprechend ge-kennzeichnet wird.
Im Zusammenhang mit der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, die in dem Gesetz ge-gen unlauteren Wettbewerb (UWG) in deutsches Recht umgesetzt wurde, müssen sowohl Influencer als auch Unternehmen dafür sorgen, dass Werbung eindeutig als solche erkennbar ist, um die Ver-braucher vor Irreführung zu schützen. Dabei ist grundsätzlich jede Form der Produktplatzierung oder -empfehlung als Werbung zu kennzeichnen, sobald eine Gegenleistung erfolgt – sei es finanziell oder in Form von Produkten.
Der Bundesgerichtshof hat in jüngster Vergangenheit in verschiedenen Entscheidungen die Pflichten zur Kennzeichnung von Influencer-Werbung klar vorgegeben. Zu unterscheiden ist zwischen der ge-schäftlichen Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens einerseits und zugunsten fremder Un-ternehmen andererseits. Letzteres ist dann weiter danach zu differenzieren, ob der Influencer eine Gegenleistung erhalten hat oder nicht. Ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liegt nicht vor, wenn der Influencer kein Entgelt oder keine ähnliche Gegen-leistung von dem Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt.
Auch bei der Art der Kennzeichnung sind besondere Voraussetzungen zu beachten. Die Einbettung der Werbekennzeichnung in den Fließtext reicht nicht aus. Vielmehr muss der Hinweis auf den ersten Blick und ohne weiteres erkennbar sein.
Bei Verstößen gegen die Kennzeichnungspflichten drohen Influencern oder den Unternehmen Ab-mahnungen von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden, die die Einhaltung von Marktver-haltensregeln überwachen und gegen entsprechende Verstöße vorgehen.
Nicht vor Social Commerce zurückschreckenDer Bereich des Social Commerce ist spannend für Unternehmen, die Produkte an Endverbraucher vertreiben. Kostengünstig und leicht skalierbar können Produkte direkt und zielgerichtet an Kunden gebracht werden. Die Nutzung der Social-Media-Plattformen für den Vertrieb rechtsverletzender Pro-dukte bringt aber auch einige Probleme mit sich, denen Unternehmen nur mit erheblichem Kosten-aufwand und ständiger Überwachung entgegentreten können. Im Bereich des Influencer-Marketings sind Vorgaben zur Kennzeichnung von Drittwerbung zu beachten
Die grundlegenden rechtlichen Herausforderungen überschneiden sich stark mit dem „klassischen“ E-Commerce. Das Unternehmen ist nur als Werbender oder Händler auf einer Plattform unterwegs, sodass Themen wie Datenschutz oder Cookie-Einstellungen grundsätzlich von der Plattform geregelt werden. Unternehmen sollten im Ergebnis nicht vor dem Social Commerce zurückschrecken sonder die Chancen nutzen, die sich auf diesem Markt bieten. Insbesondere für neue Produkte bieten sich hier Möglichkeiten, diese auf dem Markt zu testen und in der Folge den Vertrieb weiter auszubauen.
Erschienen in DIE NEWS, Fachzeitschrift für Familienunternehmen, November 2024.