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02.10.2025

Insolvenzanfechtung gegenüber Anwaltskanzlei

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Hinweisbeschluss vom 08.01.2025 zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung von Rechtsanwaltshonoraren Stellung genommen. Der Insolvenzverwalter des von der Rechtsanwaltskanzlei vertretenen Unternehmens hatte auf Rückzahlung der von der Kanzlei zwischen Januar 2018 und September 2019 vereinnahmten Beratungs- und Prozessvertretungshonorare geklagt. Die Kanzlei argumentierte, ihre Mandantin sei in dem genannten Zeitraum, jedenfalls in wesentlichen Teilen des Zeitraums, nicht zahlungsunfähig gewesen und habe auch ihre drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erkannt gehabt. Auch sie selbst habe zu keinem Zeitpunkt eine drohende Zahlungsunfähigkeit angenommen, die mit der Mandantin getroffenen Ratenzahlungsvereinbarungen seien üblich. Der Kanzlei bekannte betriebswirtschaftliche Auswertungen hätten keinen Anlass zur Annahme einer Zahlungsunfähigkeit oder Unwirtschaftlichkeit der eigenen Mandantin gegeben. 

Das Oberlandesgericht Brandenburg ging demgegenüber vom Vorliegen einer Zahlungseinstellung sowie der Kenntnis hiervon sowohl bei der Insolvenzschuldnerin als auch bei der Anwaltskanzlei aus. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen oder aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, muss die genaue Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar eine für den Beweis der Zahlungsunfähigkeit notwendige Unterdeckung von mindestens 10 % nicht vorgetragen und festgestellt werden. Der Klagevortrag des Insolvenzverwalters darf in bestimmten Punkten lückenhaft sein, wenn er eine Ergänzung fehlender Tatsachen auf der Grundlage von Beweisanzeichen zulässt. Solche Beweisanzeichen lagen vor: 

•    Die Mandantin hatte seit August 2016 ihre Steuerverbindlichkeiten teilweise nicht mehr zum Fälligkeitszeitpunkt bedient. 

•    Die Mandantin hatte mehrfach beim Finanzamt um eine Stundung und Ratenzahlung gebeten, aber teilweise nicht erhalten, so dass es zu Vollstreckungen kam. 

•    Die Bitte der eigenen Mandantin, die Rechtsanwaltshonorare in Raten zahlen zu dürfen, sei ebenfalls ein Beweisanzeichen zu Lasten der Anwaltskanzlei. 

•    Ein weiteres Beweisanzeichen seien ab Mai 2017 teilweise nicht mehr korrekt eingehaltene Zahlungszusagen der Mandantin, die in einem Fall sogar zur Drohung mit der Niederlegung des Mandats geführt hatten. 

•    Insbesondere die Einbeziehung einer für die Mandantin in einem von der Anwaltskanzlei geführten Rechtsstreit erstrittenen Zahlung in einen Teilzahlungsvergleich zwischen Mandantin und Kanzlei sei ein deutliches Beweisanzeichen für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit.

•    Gegenläufige Beteuerungen der Geschäftsführer der Mandantin, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliege, konnten gegenüber den Beweisanzeichen keine Rolle spielen. 

Das Oberlandesgericht Brandenburg sah somit die Anfechtungsforderung des Insolvenzverwalters in vollem Umfang als begründet an. Die Beweisanzeichen sind nicht für Anwaltskanzleien relevant, sondern für jeden, der regelmäßig Leistungen erbringt und dafür eine Vergütung erhält.


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