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04.12.2023

Auch ein negativer Preis ist ein Preis!

Mit einem Beschluss vom 18.08.2023 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe klargestellt, dass Bieter auch negative Preise anbieten dürfen, sofern der negative Preis der tatsächlich geforderte Preis ist. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Vergabeverfahren über Straßenbauarbeiten hatte ein Bieter für die Lieferung und den Einbau grobkörnigen Bodens einen negativen Einheitspreis angeboten. Unter Hinweis auf die Teilnahmebedingungen, in denen auf den Ausschluss von Hauptangeboten mit negativen Einheitspreisen hingewiesen wurde, schloss die Vergabestelle das Angebot aus. Hiergegen hat sich der Bieter mit Erfolg zur Wehr gesetzt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe stellt in seinem Beschluss klar, dass auch ein negativer Preis ein Preis ist. Da der Bieter erläutern konnte, dass ihm der grobkörnige Boden im Rahmen eines anderen Bauvorhabens zur Verwertung überlassen werde und er dort für die Verwertung eine Vergütung erhalte, war er in der Lage, für die Lieferung und den Einbau des Bodens einen negativen Preis anzubieten. Der Bieter hat somit den „geforderten Preis“ im Sinne von § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A angegeben. Die Vergabestelle konnte den Ausschluss des Angebots auch nicht auf die Teilnahmebedingungen stützen. Denn das dort vorgesehene Verbot negativer Preise stellt nach Ansicht des Gerichts einen unzulässigen Eingriff in die Kalkulationsfreiheit der Bieter dar und ist daher unzulässig und kann somit keine Grundlage für die Vergabestelle sein, einen Bieter auszuschließen.

Da die unzulässigen Teilnahmebedingungen möglicherweise andere Bieter davon abgehalten haben, ebenfalls negative Preise anzubieten, hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Vergabestelle verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Dadurch erhalten alle Bieter die Möglichkeit, ihre Angebote unter Berücksichtigung etwaiger Erlösmöglichkeiten neu zu berechnen.

Die Entscheidung betont, dass die Kalkulation Sache der Bieter ist. Führt die Kalkulation zu negativen Preisen, ist der Bieter berechtigt, negative Preise anzubieten. Die Vergabestelle ist möglicherweise gehalten, solche Preise aufzuklären. Ohne Aufklärung ist sie aber unter keinen Umständen berechtigt, ein Angebot allein wegen eines negativen Preises auszuschließen.

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Dr. Lars Knickenberg Partner
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