BGH, Urteil vom 11.09.2024 - I ZR 168/23
Der BGH hat darüber entschieden, ob sich aus dem UWG ein Anspruch von Verbraucherverbänden ergibt, Verwender unwirksamer AGB zur Rückzahlung unrechtmäßig erhobener Beträge an Verbraucher zu verpflichten.
Inhalt
Ein Festival-Veranstalter hatte im Jahr 2019 gegen eine Gebühr von 2,00 € Armbänder ausgegeben, die die Festival-Besucher mit Geldbeträgen aufladen und damit auf dem Festival-Gelände bezahlen konnten. Für die Rückerstattung nicht verbrauchter Guthaben wurde eine Bearbeitungsgebühr von 2,50 € erhoben. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnte den Veranstalter aufgrund der Verwendung der Klausel über die „Rückerstattungsgebühr“ ab, worauf dieser eine Unterlassungserklärung abgab. Der Verbraucherverband forderte nachfolgend die Verurteilung des Veranstalters zur Rückzahlung aller zu Unrecht vereinnahmten Gebühren an die einzelnen Verbraucher aufgrund wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruchs.
Die Klage ist in allen Instanzen erfolglos geblieben. Der BGH sah die Anträge, die den Unternehmer zur Zahlung verpflichten sollten, bereits als unzulässig an, weil sie die Zahlungsempfänger nicht namentlich nannten. Einen hilfsweise gestellten Auskunftsantrag stufte der BGH als zulässig, jedoch unbegründet ein. Aus dem UWG ergebe sich kein auf Zahlung an die Verbraucher gerichteter Beseitigungsanspruch. Ein derartiger verschuldensunabhängiger Anspruch stehe mit der Systematik des kollektiven Rechtsschutzes nach dem geltenden Recht nicht im Einklang. Der Gesetzgeber habe bereits im Jahr 2004 den verschuldensabhängigen Gewinnabschöpfungsanspruch gemäß § 10 UWG zugunsten des Bundeshaushalts geschaffen. Im Jahr 2022 sei der Anspruch auf Verbraucherschadenersatz gemäß § 9 Abs. 2 UWG hinzugekommen, der ebenfalls ein Verschulden des Unternehmers voraussetze. Schließlich habe der Gesetzgeber im Jahr 2023 mit der Abhilfeklage gemäß § 14 VDuG und zuvor schon mit der seit 2018 eingeführten Musterfeststellungsklage ein kollektiv-rechtliches Instrumentarium zur Durchsetzung von Verbraucheransprüchen geschaffen. Mit den vorgenannten Regelungen sei ein verschuldensunabhängiger, auf Zahlung gerichteter Beseitigungsanspruch nicht vereinbar.
Bewertung
Die Entscheidung des BGH bringt erfreuliche Klarheit in eine lange umstrittene Rechtslage. Für die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen an Verbraucher werden sich Verbraucherverbände daher zukünftig des relativ umständlichen und aufwändigen Wegs der Abhilfeklage bedienen müssen. Ausdrücklich nicht entschieden hat der BGH jedoch darüber, ob Verbraucherverbände Unternehmer nach dem UWG verpflichten können, ihre Kunden über die Unwirksamkeit verwendeter Klauseln zu informieren. Ein solcher Anspruch könnte zumindest bei höheren Ansprüchen dazu führen, dass mehr Verbraucher als bisher Ansprüche tatsächlich geltend machen.
2025
Private Unfallversicherungen, aber auch „neuere“ Versicherungsformen wie Dread-Disease- oder Existenzsicherungsversicherungen, sehen häufig Leistungsansprüche vor, wenn unfall- oder krankheitsbedingt eine bestimmte Pflegestufe nach dem Sozialgesetzbuch XI zuerkannt wurde. Ab dem Jahr 2017 wurden jedoch die Pflegestufen I bis III durch die Pflegegrade 1 bis 5 ersetzt. Es stellt sich daher die Frage, wie „Altverträge“ im Leistungsfall auszulegen sind, die noch auf die alten Pflegestufen abstellen.
Der EuGH hat mit Urteilen vom 22.10.2024 und 13.03.2025 entschieden, dass Bieter aus Drittstatten – also solchen Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind – und solchen Staaten, die keine Übereinkünfte mit der Union im Bereich des öffentlichen Auftragswesens geschlossen haben, im Vergabeverfahren nur eingeschränkte Rechte besitzen.
Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen SAP eingeleitet, um mögliche wettbewerbswidrige Praktiken des Software-Giganten zu untersuchen. Im Kern steht die Frage, ob SAP im Europäischen Wirtschaftsraum eine marktbeherrschende Stellung auf dem Anschlussmarkt für Support und Wartung für die von SAP lizenzierte Software ERP (Enterprise Resource Planning) missbraucht hat.
Die Europäische Kommission sowie nationale Kartellbehörden können von Unternehmen Auskünfte einholen oder Unterlagen anfordern, die sie zur Erfüllung ihrer behördlichen Aufgaben benötigen. Im Zusammenhang mit Fusionskontrollverfahren werden regelmäßig Auskünfte dazu eingeholt, welche wettbewerblichen Auswirkungen ein Zusammenschluss aus Sicht der betroffenen Marktakteure hat. Auch im Rahmen von kartellbehördlichen Ermittlungsverfahren, wenn beispielsweise der Verdacht kartellrechtswidriger Praktiken im Raum steht, können Auskunftsersuchen zu Zwecken der Sachverhaltsaufklärung an Unternehmen gerichtet werden. Befragt werden können dabei nicht nur die im Zentrum der Ermittlung stehenden Unternehmen, sondern auch andere Marktteilnehmer.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Hinweisbeschluss vom 08.01.2025 zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung von Rechtsanwaltshonoraren Stellung genommen. Der Insolvenzverwalter des von der Rechtsanwaltskanzlei vertretenen Unternehmens hatte auf Rückzahlung der von der Kanzlei zwischen Januar 2018 und September 2019 vereinnahmten Beratungs- und Prozessvertretungshonorare geklagt. Die Kanzlei argumentierte, ihre Mandantin sei in dem genannten Zeitraum, jedenfalls in wesentlichen Teilen des Zeitraums, nicht zahlungsunfähig gewesen und habe auch ihre drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erkannt gehabt. Auch sie selbst habe zu keinem Zeitpunkt eine drohende Zahlungsunfähigkeit angenommen, die mit der Mandantin getroffenen Ratenzahlungsvereinbarungen seien üblich. Der Kanzlei bekannte betriebswirtschaftliche Auswertungen hätten keinen Anlass zur Annahme einer Zahlungsunfähigkeit oder Unwirtschaftlichkeit der eigenen Mandantin gegeben.