BGH, Urteile vom 05.06.2024 - IV ZR 140/23 und vom 12.06.2024 - IV ZR 341/22
Der BGH hat zur Versagung des Rechtsschutzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten und zum Schiedsgutachterverfahren in der Rechtsschutzversicherung entschieden.
Inhalt
Das Urteil vom 5. Juni 2024 ist zu einem sog. „Dieselverfahren“ ergangen. Der BGH hat zunächst die Rechtsprechung bestätigt, nach der es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Wahrnehmung rechtlicher Interessen auf den Zeitpunkt der „Bewilligungsreife“ ankommt, d. h. auf den Zeitpunkt zu dem der Rechtsschutzversicherer seine Entscheidung trifft. Davon sei jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn sich die Beurteilung nach der ablehnenden Entscheidung des VR zugunsten des VN ändere, z. B. durch eine Fortentwicklung der Rechtsprechung. In diesem Fall komme es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht an.
Mit seinem Urteil vom 12. Juni 2024 hat der BGH die Wirksamkeit von AVB der Rechtsschutzversicherung zum Schiedsgutachterverfahren bestätigt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist mit seiner Unterlassungsklage gescheitert. Als wirksam beurteilt wurde eine einmonatige Ausschlussfrist zur Einleitung des Schiedsgutachterverfahrens. Ebenfalls nicht beanstandet hat der BGH eine Klausel, nach der der VN verpflichtet ist, dem VR innerhalb der Monatsfrist alle für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen zuzusenden. Auch die in den AVB vorgesehene Bestellung des Schiedsgutachters durch den Präsidenten der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer wurde vom BGH als wirksam eingestuft; dadurch werde dem VN nicht die Möglichkeit genommen, einen Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Schließlich hat der BGH auch die Regelung gebilligt, dass der VR dem Schiedsgutachter die für die Entscheidung wesentlichen Unterlagen übermittelt, was die Übermittlung zusätzlicher Unterlagen durch den VN nicht ausschließe.
Bewertung
Der BGH hat durch seine beiden Entscheidungen praxisrelevante Fragen der Rechtschutzversicherung mit Augenmaß entschieden. Es wäre den VN kaum zu vermitteln gewesen, dass für sie positive Entwicklungen der Rechtsprechung nach einer einmal getroffenen Entscheidung des VR nicht mehr hätten berücksichtigt werden müssen. Es ist auch zu begrüßen, dass der BGH an die Formulierung der Klauseln zum Schiedsgutachterverfahren keine überzogenen Anforderungen gestellt hat.
2024
Die üblichen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung enthalten die Klausel, dass der Versicherungsnehmer alle gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften einzuhalten hat, wenn er im Schadenfall keine Kürzung oder den vollständigen Entfall des Versicherungsschutzes riskieren möchte. Es war bislang umstritten, ob eine derart weit gefasste Verpflichtung zulässig ist oder gegen das Transparenzgebot verstößt und daher unwirksam ist.
Die Erträge einer Lebens- oder Rentenversicherung setzen sich aus einem festen Garantiezins und einer variablen Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Überschüssen des Versicherers zusammen. Die Garantiezinsen sind in der zurückliegenden Niedrigzinsphase stark gesunken und haben auch heute bei weitem nicht wieder das Niveau früherer Jahre erreicht. Es können sich daher die Versicherungsnehmer glücklich schätzen, die ihre Versicherung vor Jahrzehnten abgeschlossen haben und von einem hohen Garantiezins profitieren, der während der gesamten Vertragslaufzeit unverändert bleibt.
Schließen sich mehrere Unternehmen für eine Beteiligung an einem Vergabeverfahren zu einer Bietergemeinschaft (BIEGE) zusammen, stellt sich die Frage, wie sich das Ausscheiden einzelner Mitglieder aus der BIEGE auswirkt. In einem dem EuGH vorgelegten Fall hatten sich im Jahr 2016 mehrere Unternehmen zu einer BIEGE zusammengeschlossen und sich in einem offenen Verfahren um verschiedene Lose eines Auftrags bemüht. Nachdem der Auftraggeber mehrfach eine Verlängerung der Angebotsfrist forderte, erklärten im Jahr 2020 zwei Mitglieder der BIEGE, keiner erneuten Verlängerung zuzustimmen.
Seit Juli 2024 liegt der Entwurf des Gesetzes für das schnellere Bauen vor, der weitreichende Änderungen der Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO) sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht vorsieht, die das Bauen schneller, einfacher und kostengünstiger machen sollen. Mit dem Artikelgesetz ist weiter eine Änderung der Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (LBOVVO) vorgesehen, außerdem sollen die Bestimmungen der Allgemeinen Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung (LBOAVO) in die LBO integriert werden.
Für die ordnungsgemäße Leistungserbringung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ist das Vorhandensein der (zahn-) ärztlichen Leitung notwendige Voraussetzung. Das Sozialgericht München stellt in einem Urteil vom 29.02.2024 klar, dass die (zahn-) ärztliche Leitung keine rein formale Stellung, sondern konstitutiv für ein MVZ ist. Dies hat Auswirkungen auf die Qualität der Leistungserbringung und dient damit auch dem Schutz der Versicherten. Rechnet ein MVZ Leistungen ab, die ohne (zahn-) ärztliche Leitung erbracht wurden, handelt es entgegen seiner Verpflichtung aus § 95 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB V.