Mit zwei Fragen zum Thema Eigenbedarfskündigung von Wohnraummietverhältnissen hatte sich der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung zu befassen. Die Beantwortung einer Frage ließ er offen, die andere Frage ist nach der Entscheidung geklärt.
Offen ließ der Bundesgerichtshof die Frage, ob es auch künftig Gesellschaftern einer vermietenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich sein wird, ein Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs einer ihrer Gesellschafter kündigen zu können. In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof diese Möglichkeit in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich bejaht. Ob dies auch künftig möglich ist, wird jedoch vor dem Hintergrund des am 01.01.2024 in Kraft getretenen Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetzes in der Literatur kontrovers diskutiert und im Ergebnis wohl eher abgelehnt. Der Bundesgerichtshof ließ diese Frage in seiner Entscheidung jedoch offen. Er betonte zum einen, dass er die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung eines GbR-Gesellschafters bislang in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich bejaht hat. Zum anderen konnte die Frage im entschiedenen Fall aus Sicht des Bundesgerichtshofs offengelassen werden, da die Kündigung zu einem Kündigungstermin ausgesprochen worden war, der vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes lag. Jedenfalls eine rückwirkende Geltung der Regelungen des Gesetzes für eine in der Vergangenheit liegende einseitige Gestaltungserklärung, die das Mietverhältnis – ihre Wirksamkeit unterstellt – bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes beendet hätte, komme dem Gesetz jedenfalls nicht zu.
Eine zweite Frage beantwortete der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung jedoch. Dabei ging es darum, ob zu den Familienangehörigen, wegen derer eine Eigenbedarfskündigung möglich ist, auch Cousins des Vermieters zählen. Der Bundesgerichtshof lehnte dies ab. Zu den Familienangehörigen, für die der Vermieter im Rahmen einer Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB Eigenbedarf geltend machen kann, gehören nur Personen, denen das Prozessrecht auch ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 ZPO; § 52 StPO zugesteht. Auch eine enge persönliche Verbundenheit mit einem entfernteren Verwandten führe nicht dazu, dass diese Person in den privilegierten Personenkreis einbezogen werde, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden könne. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass im Ergebnis entscheidend sei, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffs der Familie eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen habe und damit eine Privilegierung, die unabhängig von der konkreten Beziehung im Einzelfall gerechtfertigt sei. Im Rahmen insbesondere der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB habe der Gesetzgeber nicht näher bestimmt, bei welchem Verwandtschaftsverhältnis eine solche typisierte Verbundenheit vorliege. Da er eine solche Bewertung jedoch im Rahmen der ebenfalls auf der persönlichen Nähebeziehung und Verbundenheit gründenden Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen vorgenommen habe, sei es sachgerecht, diese gesetzgeberischen Wertungen auch für die ebenfalls in der persönlichen Verbundenheit begründeten Privilegierungen von Familienangehörigen heranzuziehen.
Im Ergebnis zeigt sich also, dass vor dem Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung Sorgfalt gefragt ist. Zu bewerten ist zum einen, ob ein Eigenbedarfsgrund gegeben ist, d.h. eine Person des privilegierten Personenkreises die Wohnung nutzen will. Augenmerk ist bei vermietenden Gesellschaften bürgerlichen Rechts zum anderen darauf zu legen, wie sich die Meinungen in der juristischen Literatur und dann insbesondere auch die Gerichtsbarkeit zu der Frage positioniert, ob Gesellschafter einer GbR ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters kündigen können.