Wie schon im
Newsletter zum II. Quartal 2023 weisen wir auf Entscheidungen zum Widerrufsrecht von Verbrauchern hin: Das Oberlandesgericht München hat bereits mit einem Beschluss vom 22.02.2021, den der Bundesgerichtshof im Mai 2023 bestätigt hat, die Klage eines Dachdeckers zurückgewiesen, der die Vergütung für die Eindeckung eines Daches eingeklagt hatte. Wie es bei Verträgen mit Handwerkern häufig vorkommt, war der Vertrag zwischen Dachdecker und Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Dachdeckers geschlossen worden. Für solche Verträge sieht § 312b BGB ein Widerrufsrecht des Verbrauchers vor, über das der Dachdecker den Verbraucher nicht belehrt hatte. Nach Ausführung der Dachdeckerarbeiten widerrief der Verbraucher den Vertrag und verweigerte die Bezahlung der Vergütung von über 25.000,00 €. Die Werklohnklage des Dachdeckers blieb ebenso erfolglos wie sein Antrag auf Herausgabe des verbauten Materials wie z. B. der Dachpfannen.
Wegen der ausgebliebenen Widerrufsbelehrung stand dem Verbraucher die Möglichkeit zu, den Vertrag innerhalb von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsabschluss zu widerrufen. Mit dem Widerruf entfiel der vertragliche Vergütungsanspruch des Dachdeckers. Da eine Rückgewähr der erhaltenen Leistung nicht möglich ist, hätte dem Dachdecker nur ein Anspruch auf Wertersatz weitergeholfen. Einen solchen Anspruch sieht das Gesetz beim Widerruf von Werkverträgen – anders als z. B. beim Widerruf von Verbraucherbauverträgen im Sinne von § 650i BGB – nicht vor. Daher war der Verbraucher zu keinen Zahlungen verpflichtet. Da die Baumaterialien durch die Verbindung mit dem Gebäude in das Eigentum des Verbrauchers übergegangen waren, konnte der Dachdecker auch keine Herausgabe dieser Materialien fordern. Im Ergebnis hat der Verbraucher sein Dach also kostenlos eingedeckt erhalten!
Vergleichbar hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Beschluss vom 14.04.2023 zu Nachtragsvereinbarungen entschieden: Zu einem bestehenden Vertrag hatten Handwerker und Verbraucher auf der Baustelle die Ausführung von Zusatzleistungen vereinbart. Nach Ausführung der Zusatzleistungen widerrief der nicht über sein Widerrufsrecht belehrte Verbraucher die Nachtragsvereinbarungen und verweigerte die Bezahlung. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe feststellte, da der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden war, die Rückgabe der erhaltenen Leistungen nicht möglich war und keine Pflicht zur Zahlung von Wertersatz besteht.
Für Handwerker und Bauunternehmer folgt hieraus, dass sie bei Verträgen mit Verbrauchern unbedingt auf eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung achten müssen, soweit der Vertrag – oder die Nachtragsvereinbarungen zu einem bestehenden Vertrag – nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen wird. Anderenfalls kann der Verbraucher den Vertrag – ebenso Nachtragsvereinbarungen – innerhalb von 12 Monaten und 14 Tagen widerrufen, so dass der Handwerker trotz ordnungsgemäßer Ausführung seiner Arbeiten leer ausgeht. Belehrt der Handwerker den Verbraucher dagegen ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht, endet die Frist für den Widerruf bereits nach 14 Tagen. Zu diesem Zeitpunkt wird der Handwerker die Arbeiten häufig noch gar nicht aufgenommen haben.